April 14, 2007

Kino: PERFECT STRANGER

Was ist das momentan nur für ein seltsamer Trend? Vor kurzem noch beförderte Joel Schumacher den schwer unterforderten Jim Carrey auf die Suche nach der eigenen Identität in seinem Vexierspiel "The Number 23", nun geht bereits der nächste Retro-Thriller an den Start. "Perfect Stranger" - oder leger: "Verführung einer Fremden" - kommt daher wie einer dieser unangenehm lasziven Erotikkrimis anno 1990, in denen für gewöhnlich irgendeine heißkalte Frau, die meistens Sharon Stone hieß oder dieser zumindest ähnelte, einen lüsternen Ermittler in Fesseln legte. Die finale Überraschung interessierte da in der Regel schon niemanden mehr - je klarer die exquisiten Einblicke in die Intimsphären der Hauptdarsteller, desto schwammiger der Rest.

Da die Stone ihre Reproduktionsprüfung mit Ganzkörper- Update bereits letztes Jahr in "Basic Instinct 2" absolvierte, sind nun endlich auch die Männer an der Reihe. Bruce Willis nämlich hat das Genre um ein mindestens genauso schuldiges Vergnügen bereichert: "Color of Night". Dort entpuppte sich die schöne Verführerin schlussendlich als kurioser Zwitter, was der Zuschauer aber ohnehin kaum noch wahrzunehmen schien - das entblößte Gemächt des Herrn Willis bescherte da schon den wesentlich nachhaltigeren Eindruck. "Perfect Stranger" ist hingegen zweifellos der Film mit den weniger spektakulären Schauwerten (ein prätentiöser Küchen-Quickie bleibt die Ausnahme), seine Auflösung ist dafür allerdings umso hanebüchener.

Halle Berry spielt Rowena Price, eine rasende Reporterin. Die ist derzeit aber gar nicht gut zu sprechen, hat ihr Chef doch gerade erst eine große Titelstory abgeblasen. Frustriert trifft sie zufällig ihre alte Freundin Grace (Nicki Aycox), die ihr von der Bekanntschaft mit dem Werbechef Harrison Hill (Bruce Willis) berichtet. Am nächsten Morgen allerdings liegt diese plötzlich auf dem Pathologietisch - Diagnose: Mord! Price und ihr verdächtig charmanter Kollege Miles (beständig zwischen liebenswert und nervtötend: Giovanni Ribisi) untersuchen den Fall auf eigene Faust. Per Internetchat treten beide in Kontakt zu Hill, den sie als verführerischen Übeltäter vermuten. Schließlich gelingt es Price sogar unter falschem Namen in dessen Agentur eingestellt zu werden. Doch man ahnt es schon - da hat die gerissene Schönheit ihre Rechnung ohne die raffinierten Kniffe des wohl längsten Drehbuchs des Jahres gemacht.

"Perfect Stranger" ist das Ergebnis folgenden Rezepts: Man nehme zunächst einen smart dreinschauenden Bruce Willis, auf den die Kamera immer dann besonders elegant schwenkt, wenn er gerade lässig den Raum betreten oder einen abgehalfterten Witz über die Lippen gebracht hat, stelle ihm eine sexy ins Licht gerückte Halle Berry als modische Profilerin zur Seite und packe dann noch zwei große Hände voller illustrer Filmklischees der 90er dazu. Am Ende schwimmen da freilich allerlei unappetitliche Zutaten nebeneinander - und der Geschmack reicht gerade so von fad bis nüchtern. Nein, James Foley ("The Corruptor") ist wahrlich kein Meisterkoch, da hätte es bei der Zubereitung einfach manch eigener Würze bedurft.

Doch trotz der grausigen Dialoge und ihrer noch viel, viel grausigeren Darsteller reicht es selbst für ein verwegenes, unfreiwilliges Schmunzeln kaum mehr aus. Und so quält man sich durch diese 110 Minuten uninspirierten Zelluloids, wartend auf den einen obligatorischen Moment, der das bis dato gesehene mit hektischer Erklärungswut ad absurdum führen wird, bis dann endlich auch das letzte Klischee über die Leinwand flimmern darf: Es ist - Überraschung! - ein Schlusstwist wie aus den alten guten Erotikthriller-Tagen…


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- erschienen bei: DAS MANIFEST