Januar 03, 2007

Kino: AN AMERICAN HAUNTING

Die Zeiten, in denen das Grauen noch auf leisen Sohlen daher schritt, die sind bekanntlich längst vorbei. Selbst mystische Gruselstoffe über verwunschene Anwesen, unruhige Geister oder dämonische Kräfte entbehren ihre Subtilitäten im modernen Genrekino für schrille Effekte und schnelle Schocks, vorzüglich immer an der Schwelle zwischen seichtem Horror und beinharter Nervenattacke, um als PG-taugliche Filme auch das Zielpublikum erreichen zu können.

In jüngster Zeit begnügte man sich im Hollywoodkino mit lauwarmen Neuauflagen asiatischer Schauergeschichten, deren ähnlich oberflächlich konzipierte Fortsetzungen nur mehr Bruchteile von dem einspielten, was ihre Vorgänger – zur Freude der Produzenten – noch in die Kassen spülen konnten. Eigens entwickelte, will heißen variierte oder anderweitig adaptierte Themen tauchten dann in prinzipiell identischen Filmen wie „The Exorcism of Emily Rose“ oder „The Dark“ auf, die sich allesamt mit der Macht des Unheimlichen beschäftigen, die ungefragt in die alltägliche Welt einzugreifen scheint.

Ein ebensolcher Film, dessen Vorbilder ganz deutlich Spukhausklassiker wie „The Haunting“ oder Geschichten teuflisch besessener Mädchen wie „The Exorcist“ sind, ist nun auch „An American Haunting“, der sich abermals mit übernatürlichen Phänomenen beschäftigt. Und wie seine Vorbilder schmückt sich auch dieser mit dem reichlich faden Prädikat „nach einem wahren Fall“, mehr oder weniger zumindest. Denn der Roman „The Bell Witch“ von Brent Monahan berichtet von einem Ereignis aus dem 19. Jahrhundert, bei dem ein Mann durch die reine Kraft eines Geistes zu Tode gekommen sein soll. Das ist selbstredend nur ein Aufhänger um die ewig gleiche Klischeenummer vorzuführen – der von Courtney Solomon („Dungeons & Dragons“) verbrochene Film wartet mit dem üblichen Gedöns auf und bewegt sich mit nahezu unerträglicher Penetranz in hinlänglich bekannten Genremustern.

Viel mitzuteilen hat uns diese Geschichte von einem Mädchen, das durch übernatürliche Angriffe bald nur noch ein Schatten ihrer selbst scheint, nicht. Die zumeist nächtlichen Angriffe ruheloser Poltergeister erfolgen wie gewohnt mitsamt quietschender Türen und knarrender Dielen, sich selbst öffnender Fenster und ausgeblasener Kerzen, und bewirken einige unfreiwillig komische Gestikulierungen bei der unschuldigen Betsy Bell. Deren Eltern, gespielt von Donald Sutherland und Sissy Spacek, verziehen sorgenvoll manch angestrengte Miene und wenden sich an einen ebenso hilflos vor sich hin predigenden Geistlichen, bis auch die obligatorische Überzeugung des Ungläubigen – hier in Gestalt eines Lehrers – durchstanden und der Kampf gegen die dunklen Mächte unaufhaltsam ist.

Eingebettet in eine funktions- wie sinnlose Rahmenhandlung reiht Solomon Schockeffekt an Schockeffekt, wie gewohnt entpuppen sich viele der Schreckensszenarios als Tagträume und Illusionen, um immer auch dem Selbstzweck zuliebe die ängstlichen Teenager ein wenig gruseln zu können. Manch optisch bemühte Note erscheint haltlos, die wenigen ansehnlichen, eleganten Bildkompositionen rücken durch grauenhaft schlechte Darstellerleistungen in den Hintergrund. Sutherland wirkt, als würde er bereits im Stehen jeden Moment einem tiefen Winterschlaf verfallen, so völlig uninspiriert und gelangweilt stampft er durch die Szenerie, dass der Pegel für stilles Fremdschämen beim Zuschauer dauerhaft ausschlägt. Die junge Rachel Hurd-Wood ist nicht talentfrei, aber bei ihren akrobatischen Dehnübungen wirkt sie unter Wert gehandelt.

So ist „An American Haunting“ – wie auch zu erwarten war – ein weiterer hohler Schnellschuss, uninspiriert, einfallslos, langweilig, ja so permanent öde, dass immer neue Dimensionen der Schlechtigkeit erreicht werden. Die Auflösung überschreitet dann endgültig jedes Maß des Erträglichen, wenn der ganze Spuk in seiner Konfusion auch noch billig verhökert wird. So viel Erbärmlichkeit haben die gestandenen Mimen ebenso wenig verdient wie der geneigte Zuschauer.

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