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Oktober 28, 2013

DVD/BD: THE LORDS OF SALEM

Er habe ein kleineres, intimeres Projekt verwirklichen wollen, ließ Rob Zombie nach seinen beiden Neuinterpretationen des "Halloween"-Filmmythos verlauten. Im Gegensatz zur Zusammenarbeit mit den Weinstein-Brüdern wurde ihm für "The Lords of Salem" schließlich erstmals volle künstlerische Freiheit garantiert. Das eigenwillige Hexenhorrormärchen ist sein kostengünstigster und gleichzeitig persönlichster Film, Rob Zombie ungepanscht und unverstellt. [...]

April 25, 2013

Zuletzt gesehen: THE LORDS OF SALEM (2012)

Zweifellos beeindruckend, wie Rob Zombie seine persönlichen Genrevorlieben ganz selbstverständlich durch den eigenen Bilderfleischwolf motivgeschichtlich wüster Horrorgemälde dreht. Innerhalb von fünf Spielfilmen bereits hat seine zuvorderst visuelle Handschrift sich zu einer auteuristischen Disposition verdichtet, die erst experimentell-exploitatives Terror- und Slasherkino und nun auch noch das Witchcraft-Sujet im eigenen Zombieschen Stiegenhaus anordnet. "The Lords of Salem" kommt einer filmadaptierten Booklet-Seite früherer Zombie-Platten näher als jede andere seiner bisherigen Regiearbeiten: Georges-Méliès-Pappmaché, mediävistische Splatter-Riten und pervertierte religiöse Ikonographie werden sorgfältiger denn je auf eine Suche nach dem perfekten Horrormotiv abgestimmt. Als würde Ken Russell "The Shining" drehen, so umschrieb Zombie seinen auch gut als La Quarta Madre verkaufbaren Hexentanz, den er formal einem Ti West nicht ganz unähnlich auf Linie knöcherner Genreklassik bringt. Im schönsten Widescreen sanfter Zooms und unheilvoller Fischaugenobjektive ertönen Velvet Underground, Mozart und sogar der Inception-Button – eigentümlich und vorzüglich bizarr, aber schon irgendwie, ja doch, auch an der Schwelle zur Prätention.


60%

März 11, 2010

DVD: THE HOUSE OF THE DEVIL

Ja, endlich! Da ist er, der eine Horrorfilm, den das Genre alle paar Jahre zur Ehrenrettung benötigt. Der sich den Trends und Strömungen des zeitgenössischen Horrorkinos verweigert, um entweder gänzlich neue ästhetische, kulturelle oder soziale Bereiche für sich einzunehmen (was schwierig, wenn nicht unmöglich ist), oder um klassische Topoi der Horrorfilmgeschichte mit eindeutigen Referenzvorbildern aufzuarbeiten, zu bedienen und damit zu reproduzieren. Da es aber, erst recht nach Wes Cravens "Scream", schwierig scheint, das Genre nicht mit ständigen Erweiterungen hin zu Ironie, Unernst und Überlegenheit zu überdehnen, statt es auf seine unmittelbaren, bitterbösen, schaurigen Basics reduzieren zu wollen, haben sich die postmodernen Horrorfilme in einen Wettbewerb der Überbietungsstrategien begeben: Alles ist letztlich irgendwie Retro, und Retro bedeutet, so viel Wissen wie möglich auszustellen – je mehr das Zitat dem Verweis begegnet, desto cleverer das Spiel mit Genremechanismen. Reiner, ernst gemeinter Horror ist der Versicherung gewichen, alles gesehen und verstanden zu haben.

Ti West hat mit "The House of the Devil" auch einiges verstanden, aber dennoch einen der ganz wenigen Retro-Horrorfilme geschaffen, die sich in ihrer Old-School-Präsentation nicht so gefallen, dass sie diese ständig ausstellen, kommentieren und damit hinfällig werden lassen müssen, sondern ganz und gar ernsthaft als Produkt einer vergangenen Zeit wahrgenommen werden können. Und das heißt gerade nicht, dass dieser Film nun ein Fremdkörperdasein fristen müsse, weil er wie einer dieser schäbigen Sleaze-Heuler anno 1976 daherkommt. Vielmehr belegt West, dass es diese Spielart des Horrorfilms noch immer und vielleicht sogar erst recht jetzt geben kann, ohne die Verrenkungen der Ironie und des Bewusstseins, als Film an andere Filme anknüpfen zu müssen. Und vielleicht hat der junge Regisseur die Handlung deshalb in die 80er verlegt, obwohl er stilistisch die Bilder der 70er rekonstruiert, weil er sich einer eindeutigen Verortung entziehen und seinen "House of the Devil" eben doch als altmodischen und dennoch höchst gegenwärtigen – vom Genrediskurs emanzipierten – Film verstanden wissen möchte.

Die Geschichte einer Studentin, die dringend Geld benötigt und deshalb einen Babysitter-Job in einem abgelegenen Landhaus annimmt, wird ruhig, behutsam und sorgfältig gegen den zu erwartenden Schrecken ausgespielt. Etwas Teuflisches geht offenbar in diesem großen dunklen Haus vor sich, und lange Zeit bleibt unklar, mit wem oder was die junge Protagonistin schließlich konfrontiert wird, ehe sich die aufgebaute Spannung in einem verstörend bizarren wie gleichfalls konsequent simplen Finale entlädt. Dieses verlässt sich genauso wenig auf Überraschungen wie die unscheinbaren ersten zwei Drittel, denn Wests Konzept eines klaren Grusel- und Spannungskinos setzt auf gradlinigen Horror, dessen Beginn, Verlauf und Auflösung sich nicht widersprechen. Geradezu paradox erfrischend wirkt da seine zielsichere und punktgenaue Inszenierung: Mit einer klassischen Teasing-Strategie, die Schocks und Wendungen ankündigt, diese aber lediglich an die Erwartungshaltung zu knüpfen und nicht auszuspielen bereit ist. Daraus generiert der Film zuweilen echten unerträglichen Grusel, der durch den Verzicht auf Effekteinlagen über der Bild- und Tonebene unberührt bleibt. Umso unvermittelter, effektiver und ökonomischer erscheint deshalb der grandiose Schlussakt.

Dass West sich glücklicherweise gar nicht erst auf ein Verweisspiel einlässt, motiviert den Zuschauer noch mehr, sich an die Vorbilder zu erinnern. "When A Stranger Calls" fällt einem ein, "Race With The Devil" zweifellos, vielleicht auch "Phantasm". Es ist der Geist dieser Filme, der auch Wests komplett in Eigenregie (written, produced, edited and directed by) inszeniertes Schauerstück zu beseelen scheint. Die Vorbereitung und Vermittlung des Schreckens hingegen lässt zwei konkrete Vorbilder erkennen: Wie Jessica Harper in "Suspiria" wird die schüchterne, fragile Brünette hier zur Protagonistin okkulter Treiben, wie Mia Farrow in "Rosemary's Baby" zum Opfer einer teuflischen Verschwörung. Die suggestiven Schnitte und bedeutungsschwangeren Kameraeinstellungen beherrscht West schon wie einst der junge Polanski. Ohne Schnickschnack. Ohne Augenzwinkern. Das wird ein großer Filmemacher.


90% - (komplette Version) erschienen bei: DAS MANIFEST

Juni 22, 2006

Retro: THE HILLS HAVE EYES (1977)

A nice American family. They didn't want to kill. But they didn't want to die.

In Regisseur Wes Cravens brillant geschriebenen Wüstenalptraum blutiger Hügelaugen liegt die Essenz des maßgeblich durch Tobe Hooper ("Texas Chainsaw Massacre", "Death Trap") geprägten Midnight-Kinos der 70er-Jahre, die Transformation schmuddeliger Exploitation zum intelligenten Undergroundfilm und die Umkehr zum pessimistischen Gesellschaftsbild als Abzug eines Zeitgeists der Unruhe, Unsicherheit und Verwirrung. "The Hills Have Eyes" ist ein weiterer grandioser Film im Schaffen Cravens, der die Linie brachial zerrüttelnder Familienstrukturen, wie sie in seinem Erstling "The Last House on the Left" (1972) ihren Anfang nahm, konsequent fortführt.

We're gonna be french fries! Human french fries!

Wenn in endloser Weite das Grauen unvermittelt über eine bürgerliche Familie hereinbricht, wenn aus ahnungsloser Unschuld instinktive Härte erwacht und sich vermeintlicher Frieden mit kriegerischer Gewalt konfrontiert sieht, dann lässt Wes Craven ("The People under the Stairs", "Shocker") der Radikalität seiner Drehbuchfantasien freien Lauf. Der aus einer zutiefst patriarchalischen Familie stammende ehemalige Baptist macht mit der Wirklichkeit, wie er sie im Kontrast zu bürgerlicher Theorie erlebt hat, kurzen Prozess: Wie kaum eine andere seiner Arbeiten ist "The Hills Have Eyes" von geradezu entlarvender Schonungslosigkeit gekennzeichnet und markiert gemeinsam mit einer Handvoll anderer Werke seiner Zeit eine filmische Zäsur, die der biederen Wertekonstanz abschwört. Wo durch atomare Verseuchung degenerierte Kannibalen als Produkte kapitalistischer Verschwendung und politischem Größenwahn eine die saubere Mittelstandsgesellschaft porträtierende Familie attackieren, ist kein Platz für den Glanz eines Amerikas, das zutiefst verunsichert und labil ist. In der Tradition von George Romero verweist Craven auf das Grauen direkt vor der eigenen Haustür: Nicht im fernen Vietnam, sondern inmitten der gesellschaftlichen Entwicklung manifestiert sich ein unüberwindbares Trauma. Die Phase des moralischen Wertezerfalls und dem gleichzeitig als Gegenbewegung zu verstehenden Ausbruchs der Jugend aus konventionellen Strukturen, wie sie radikal in "Last House on the Left" thematisiert wurde, wird hier um den vom individuellen zum gesamtgesellschaftlichen Blickwinkel rückenden Fokus erweitert. Ob Craven seine barbarischen Individuen tatsächlich als Abziehbilder zurückgekehrter, nicht zu resozialisierender Soldaten zu zeichnen versuchte, sei hier dahingestellt – es ist jedoch dieser Subtext, der den Film modifizierbar durchzieht.

We are not lost, we're right here somewhere on this little blue line.

Dass "The Hills Have Eyes" auch jenseits solch einer Betrachtung im Kontext des Zeitgeistes als höllisch guter Genrefilm funktioniert, ist die Selbstverständlichkeit solch einer intelligenten Regiearbeit. Bedenkt man das Budget von um die 250 000 US-Dollar, ist es erstaunlich, wie technisch ausgereift der Film inszeniert wurde. Die naturalistische Kamera wechselt von statischen Momentaufnahmen zu unruhige Hektik ausstrahlenden Steadyshots und unterstützt stets das atmosphärische Spannungsfeld aus enger Isolierung und weiter Ferne. Im stilistischen Einklang mit dieser Backwoodillusion wird der Zuschauer mit bizarren akustischen Klängen konfrontiert, die das dreckige, nahezu staubig-körnige Ambiente des Films abrunden. Dabei arbeitet "The Hills Have Eyes" mit einer beklemmenden, leisen Spannung, die sich in der Mitte – der erste direkte Angriff im Wohnwagen als Klimax – entlädt. Von hier an funktioniert der Film nach den Run and Hyde-Mechanismen des Terrorgenres, was ihn jedoch nicht weniger intensiv macht, können die treffsicher eingestreuten Attacken der Kannibalen, die in der deutschen Synchronisation sinnentstellend zu Außerirdischen degradiert wurden, doch ebenso überzeugen wie die Darstellung jener durch Michael Berryman und Co., sowie die restlichen schauspielerischen Leistungen (insbesondere von Dee Wallace Stone, bekannt aus "The Howling" und "E.T."). Wenngleich der Einsatz überzogener graphischer Gewalt dabei ausbleibt (bzw. zugunsten des Ratings Federn lassen musste), ist die Wirkung keinesfalls zu unterschätzen, ist der Film mit seiner rohen und kompromisslosen Thematik sowie dem Ausbleiben eines Happy-Ends doch ohnehin schwer verdauliche Kost.


90%