Februar 11, 2014

Berlinale 2014: THE DOCKS OF NEW YORK [DIE DOCKS VON NEW YORK] (1928)

Eine wunderbar spielerische Romanze, die ihre eigentlich nicht sonderlich unkonventionelle Liebesgeschichte zwischen dem rüden Schiffsarbeiter und einem selbstmordgefährdeten Hafen-"Girl" sowohl mit komödiantischer Schroffheit als auch existenziellem Ernst erzählt (verbunden durch geradezu lyrische Zwischentitel). Die Spielzeit umfasst dabei lediglich 24 Stunden (jenen Tag, den George Bancrofts schmutzübersäter Raufbold zu Lande verbringen darf), in denen getrunken, geprügelt, geheiratet wird – ehe ein gleichermaßen irreales wie beinahe sozialrealistisches Ende das Dock-Abenteuer beschließt. Überall, in und hinter jedem Bild, gibt es in Josef von Sternbergs vorletztem Stummfilm etwas zu entdecken, obgleich der Subplot um eine in der Hafen-Bar arbeitende und später zur Verzweiflungstat getriebene Frau fast reizvoller ist als das eigentliche narrative Zentrum des Films.

Dass The Docks of New York für die unter dem Motto "The Aesthetics of Shadow" stehende Retrospektive der Berlinale ausgewählt wurde, ist seiner kontraststarken Kameraarbeit, der die Geschlechterdynamik akzentuierenden Beleuchtungsstrategie und auch den (besonders während der Apartmentszenen evidenten) Silhouetten hingegen schon ganz unmittelbar zu entnehmen (fast eine Dreiviertelstunde der 75 Minuten vergeht, ehe die Bilder auch vom anbrechenden Tageslicht geflutet werden). Zum Queer-Reading laden überdies eine seltsam asexuelle Nebenfigur und ein hinreißender, vermeintlich unschuldiger Kuss der beiden Protagonistinnen ein, der eigentlich noch schöner ist als jener in von Sterbergs ungleich bekannterem Marokko.