März 22, 2013

Zuletzt gesehen: THE DEVILS [DIE TEUFEL] (1971)

Noch immer ist er gleichermaßen faszinierend wie er auch wehmütig stimmt, der enorme inszenatorische Aufwand, mit dem Ken Russell sein rüdes zeitgeschichtliches Kirchen- und Sittengemälde in die An(n)alen der Filmgeschichte stieß. Von derart gigantischer Studiovertriebssystem-Exploitation, auf einem so hohen gestalterischen Niveau, bedingungslos grob und doch nicht unklug in seiner Radikalität, geradezu getrieben künstlerisch und ausufernd bitter, kann das Kino heute nur noch träumen. Die schlicht nicht zu bändigende orgiastische Wut der Russellschen Bilder hysterischer Penetration, sich Bahn brechender sexueller Kräfte und aberwitziger ritueller Tyrannei hat nichts von ihrer subversiven Schlagkraft eingebüßt: Nach wie vor ist jede reguläre Veröffentlichung der zentralen Rape-of-Jesus-Sequenz beraubt, noch immer ist dieser größte Zelluloid gewordene Anschlag auf die ästhetischen Grundpfeiler des Christentums dem Warner Bros. Entertainment ein Stein des Anstoßes. Als Manifest der Hemmungslosigkeit, durchaus auch plump in der Wahl der Mittel, und aber gleichfalls nachhaltig eindrucksvolle Popart-Orgie, die kirchliche Insignien konsequent auf ihre funktionalen Symbolismen von Unterdrückung, Folter und Unmenschlichkeit herunter bricht, ist "The Devils" auch über 40 Jahre nach seiner Veröffentlichung ein absonderliches, fassungslos-irres Vergnügen. 


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