Neues Jahrzehnt, neue Regeln. So einfach ist das mit der Franchise-Wiederbelebung. Geschlagene 11 Jahre, nachdem "Scream 3" der erfolgreichsten Horrortrilogie aller Zeiten einen parodistischen und eben von allen angeblichen Regeln befreiten Meta-Schlusspunkt setzte, wollen es Regisseur Wes Craven und Autor Kevin Williamson noch einmal wissen: Zurück nach Woodsboro, zurück zum Stammpersonal und Erfolgsrezept des Originals, und alles wieder auf Anfang. Ein heiteres und doch enttäuschendes "Scream"-Comeback.
Mit einer fröhlich ausgestellten Selbstwiederholung scheint die Serie nun ihren rechtmäßigen Anteil am langjährigen Remake-, Reboot- und Reimagining-Wahnsinn einfordern zu wollen, zu dem nicht zuletzt sie selbst entscheidend beigetragen hat. Getreu seiner Vorgänger folgt und verweigert sich "Scream 4" der so genannten Genregesetze und parodiert gnadenlos das, was er selbst ist: Eine Neuverfilmung. Trotz Hyperironie und bewährter Zutaten hat die reflexive und mittlerweile auch ein wenig selbstgefällige Mixtur aus bedienten und gebrochenen Konventionen einiges an Geschmack eingebüßt.
Im kleinen Städtchen Woodsboro nimmt erneut eine grausame Mordserie ihren Lauf. Sidney (Neve Campbell) wollte ihrem Heimatort eigentlich nur einen kurzen Besuch abstatten, um ihr Buch über die schicksalhaften Ereignisse der vergangenen Jahre vorzustellen, da wird sie abermals mit der totgeglaubten Stimme aus der Vergangenheit konfrontiert: "Was ist dein Lieblingshorrorfilm?", "Heute Nacht wirst du sterben!" und die üblichen Avancen des Ghostface-Killers eben. Auch Dewey (David Arquette) und Gale (Courteney Cox), die Hollywood für eine schnarchige Ehe den Rücken gekehrt haben, müssen wieder einmal um ihr Leben fürchten.
Zur alten "Scream"-Garde gesellen sich freilich einige schnieke Newcomer, die sich wie schon in den Vorgängern vor allem aus viel versprechenden TV-Gesichtern rekrutieren. Sidneys Cousine Jill (Emma Roberts) wird von Ghostface ebenso attackiert wie deren Freunde Kirby (Hayden Panettiere) und Charlie (Rory Culkin), diverse Cameo-Auftritte besonders im mittlerweile legendären Opening eines jeden "Scream"-Films inklusive. Dieses hinterlässt einen gewohnt bleibenden Eindruck, weil Williamson und Craven das Intro des Originals geschickt variieren und erneut Standardsituationen des Genres durch den postmodernen Kakao ziehen.
Williamson, der mit "Scream" 1996 über Nacht zu einem der meistgefragten Drehbuchautoren Hollywoods avancierte, lässt Sidney und Co. wieder in ein normales Leben zurückkehren. Er scheint den dritten Film weitgehend zu ignorieren, dessen Script nicht er, sondern Ehren Kruger verantwortete, umgeht dessen überdrehten Tonfall und legt Figuren und Geschichte nahe am Original an. Wo "Scream 3" sich und die eigene Trilogie in einer beispiellosen Meta-Parodie selbst aufhob und damit auch gleich jeglichen Spoof-Filmen wie "Scary Movie" die Show stahl, schaltet Williamson im vierten Film der Serie wieder ein paar Gänge zurück.
Tatsächlich ist "Scream 4" in einer dramaturgischen und von Craven wiederum entsprechend inszenierten Überschaubarkeit konzipiert, die alle Versprechen der beiden Vorgänger, das Ironisierungsspiel mit sich selbst immer noch weiter zu steigern, nicht einzulösen bereit ist. Stattdessen: Drei klare Akte, geradlinige Erzählung, ein sanfter doppelter Boden. Sidney kehrt zurück als verletzliche Jungfer, Gale übernimmt wieder den Part der knallharten Journalistin mit weichem Kern, und Dewey ist der leicht tollpatschige Polizist wie vor 15 Jahren. Für die irrsinnigen Verschnörkelungen und Film-im-Film-Spielereien der beiden vorherigen Sequels gibt es in "Scream 4" keinen Platz.
Die gemütliche Rückbesinnung auf den ersten Teil bekommt dem Film jedoch nicht allzu gut. Bodenständigkeit kann es für die drei Helden nicht mehr geben, zu viel ist passiert in den Vorgängern und zu sehr haben sie sich verändert, um wieder in ihre ursprünglichen Rollen schlüpfen zu können. "Scream 3" funktionierte deshalb als schöner Abschluss der Trilogie, weil man seine Absurditäten auch gar nicht mehr hätte fortführen können. Eine überschaubare und Komplexität vermeidende Whodunit-Geschichte, die lediglich noch einmal das Original nachahmt, ist nun allerdings nicht unbedingt das, was man der Serie nach 11 Jahren Ruhestand gegönnt hat.
Bei aller Verzichtbarkeit dieses Nachklapps sei zur Ehrenrettung von "Scream 4" jedoch gesagt: Einen besonderen Charme versprüht der irgendwie in den 90ern fest hängende Humor Williamsons noch immer. Craven und er harmonieren nach wie vor gut, beide wissen, wie man Spaß und Schocks vergnüglich vereinbaren kann. Beide wissen auch, aus welchen Gründen ihre Zusammenarbeit zu einer der erfolgreichsten des Genres wurde. Der Film ist definitiv unterhaltsam und schwer okay, er funktioniert, besonders am Anfang und am Ende. Wahrscheinlich sogar ist "Scream 4" nicht mehr und nicht weniger eine wilde Achterbahnfahrt als seine Vorgänger – nur eben mit deutlichen Verschleißspuren an den hinteren Wägen.
60% - erschienen bei: gamona
(Zweitsichtung: 50%, Drittsichtung: 40%. Auf ein viertes Mal verzichte ich!)
Mit einer fröhlich ausgestellten Selbstwiederholung scheint die Serie nun ihren rechtmäßigen Anteil am langjährigen Remake-, Reboot- und Reimagining-Wahnsinn einfordern zu wollen, zu dem nicht zuletzt sie selbst entscheidend beigetragen hat. Getreu seiner Vorgänger folgt und verweigert sich "Scream 4" der so genannten Genregesetze und parodiert gnadenlos das, was er selbst ist: Eine Neuverfilmung. Trotz Hyperironie und bewährter Zutaten hat die reflexive und mittlerweile auch ein wenig selbstgefällige Mixtur aus bedienten und gebrochenen Konventionen einiges an Geschmack eingebüßt.
Im kleinen Städtchen Woodsboro nimmt erneut eine grausame Mordserie ihren Lauf. Sidney (Neve Campbell) wollte ihrem Heimatort eigentlich nur einen kurzen Besuch abstatten, um ihr Buch über die schicksalhaften Ereignisse der vergangenen Jahre vorzustellen, da wird sie abermals mit der totgeglaubten Stimme aus der Vergangenheit konfrontiert: "Was ist dein Lieblingshorrorfilm?", "Heute Nacht wirst du sterben!" und die üblichen Avancen des Ghostface-Killers eben. Auch Dewey (David Arquette) und Gale (Courteney Cox), die Hollywood für eine schnarchige Ehe den Rücken gekehrt haben, müssen wieder einmal um ihr Leben fürchten.
Zur alten "Scream"-Garde gesellen sich freilich einige schnieke Newcomer, die sich wie schon in den Vorgängern vor allem aus viel versprechenden TV-Gesichtern rekrutieren. Sidneys Cousine Jill (Emma Roberts) wird von Ghostface ebenso attackiert wie deren Freunde Kirby (Hayden Panettiere) und Charlie (Rory Culkin), diverse Cameo-Auftritte besonders im mittlerweile legendären Opening eines jeden "Scream"-Films inklusive. Dieses hinterlässt einen gewohnt bleibenden Eindruck, weil Williamson und Craven das Intro des Originals geschickt variieren und erneut Standardsituationen des Genres durch den postmodernen Kakao ziehen.
Williamson, der mit "Scream" 1996 über Nacht zu einem der meistgefragten Drehbuchautoren Hollywoods avancierte, lässt Sidney und Co. wieder in ein normales Leben zurückkehren. Er scheint den dritten Film weitgehend zu ignorieren, dessen Script nicht er, sondern Ehren Kruger verantwortete, umgeht dessen überdrehten Tonfall und legt Figuren und Geschichte nahe am Original an. Wo "Scream 3" sich und die eigene Trilogie in einer beispiellosen Meta-Parodie selbst aufhob und damit auch gleich jeglichen Spoof-Filmen wie "Scary Movie" die Show stahl, schaltet Williamson im vierten Film der Serie wieder ein paar Gänge zurück.
Tatsächlich ist "Scream 4" in einer dramaturgischen und von Craven wiederum entsprechend inszenierten Überschaubarkeit konzipiert, die alle Versprechen der beiden Vorgänger, das Ironisierungsspiel mit sich selbst immer noch weiter zu steigern, nicht einzulösen bereit ist. Stattdessen: Drei klare Akte, geradlinige Erzählung, ein sanfter doppelter Boden. Sidney kehrt zurück als verletzliche Jungfer, Gale übernimmt wieder den Part der knallharten Journalistin mit weichem Kern, und Dewey ist der leicht tollpatschige Polizist wie vor 15 Jahren. Für die irrsinnigen Verschnörkelungen und Film-im-Film-Spielereien der beiden vorherigen Sequels gibt es in "Scream 4" keinen Platz.
Die gemütliche Rückbesinnung auf den ersten Teil bekommt dem Film jedoch nicht allzu gut. Bodenständigkeit kann es für die drei Helden nicht mehr geben, zu viel ist passiert in den Vorgängern und zu sehr haben sie sich verändert, um wieder in ihre ursprünglichen Rollen schlüpfen zu können. "Scream 3" funktionierte deshalb als schöner Abschluss der Trilogie, weil man seine Absurditäten auch gar nicht mehr hätte fortführen können. Eine überschaubare und Komplexität vermeidende Whodunit-Geschichte, die lediglich noch einmal das Original nachahmt, ist nun allerdings nicht unbedingt das, was man der Serie nach 11 Jahren Ruhestand gegönnt hat.
Bei aller Verzichtbarkeit dieses Nachklapps sei zur Ehrenrettung von "Scream 4" jedoch gesagt: Einen besonderen Charme versprüht der irgendwie in den 90ern fest hängende Humor Williamsons noch immer. Craven und er harmonieren nach wie vor gut, beide wissen, wie man Spaß und Schocks vergnüglich vereinbaren kann. Beide wissen auch, aus welchen Gründen ihre Zusammenarbeit zu einer der erfolgreichsten des Genres wurde. Der Film ist definitiv unterhaltsam und schwer okay, er funktioniert, besonders am Anfang und am Ende. Wahrscheinlich sogar ist "Scream 4" nicht mehr und nicht weniger eine wilde Achterbahnfahrt als seine Vorgänger – nur eben mit deutlichen Verschleißspuren an den hinteren Wägen.
60% - erschienen bei: gamona
(Zweitsichtung: 50%, Drittsichtung: 40%. Auf ein viertes Mal verzichte ich!)