Oktober 26, 2010

Kino: JACKASS 3D

Aus einer MTV-Serie, in der es in erster Linie um schwachsinnige Stunts und möglichst schmerzhafte Aktionen, um Knochenbrüche, Frakturen, Prellungen, Blessuren und alle nur erdenklichen Körperflüssigkeiten, also schlicht um den ganz großen Spaß großer kleiner Jungs ging, ist eine stattliche Kinotrilogie geworden. Das Prinzip Infantilität fügt sich sogar dem neuesten Trend zur Zukunft des Films. Johnny Knoxville und Freunde malträtieren ihre Körper mittlerweile in 3D – ein Gimmick ist also konsequenterweise da angekommen, wo es hingehört: Im totalen Schwachsinn. Dank "Jackass 3D" darf man jetzt mittendrin sein, wenn einem Kacke, Pisse, Kotze und wie immer allerlei Pimmel um die Ohren fliegen. Ein Fest.

Der Film bricht das 3D-Format, ähnlich wie jüngst das "Piranha"-Remake, auf den kleinsten gemeinsamen Nenner herunter. Es geht um den Gimmick zur Intensivierung des Happenings, und das möglichst geschmacklos. Dildos, die bis ins Publikum schießen, das ist der adäquate Umgang mit 3D. Natürlich braucht "Jackass" das eigentlich gar nicht, immerhin gibt es letztlich nur einige Zwischensequenzen, in denen wirklich Dreidimensionalität generiert wird, während der Film oft sogar in ganz gewöhnliches 2D umspringt. Aber genau darum geht es wohl auch: Um die Vorführung eines Effekts, der eigentlich ganz und gar verzichtbar ist.
Insofern erweitert "Jackass" seine bisherigen subversiven Qualitäten sogar noch um einen Kommentar zur 3D-Welle, ohne es sich selbstredend nehmen zu lassen, ordentlich vom Trend zu profitieren. Die US-Einspielergebnisse von über 50 Millionen US-Dollar allein am ersten Wochenende sprechen zumindest für sich. Dabei gibt es aber ohnehin keinen Zweifel daran, dass die sinnfreien Anarchoaktionen der Blödeltruppe immer noch eine willkommene und notwendige Abwechslung im Mainstream-Kino bilden.

Der völlige Verzicht auf konventionelle Mittel zur Filmgestaltung, die Verweigerung, der bloßen Montage stupider freiwilliger Körperverletzungen zumindest einen behaupteten Sinn zu verleihen, und die ökonomische Ausbeutung des Kinoformats mit Quatsch auf Reality-TV-Niveau geben "Jackass" noch immer jede Daseinsberechtigung. Im besten Falle zwingen Knoxville und Co. damit die 3D-Konkurrenz, auf dem Boden der Tatsachen zu bleiben. Und behaupten sich mit konsequent unfilmischen Geschmacklosigkeiten als Kinolieblinge, feiern quasi Erfolge mit Schmuddelkram in – letztlich – bester John-Waters-Tradition.

Zu den Highlights des dritten Films zählen, wie erwartet, die besonders tief unter die Gürtellinie abzielenden Nonsensnummern. Chris Pontius darf erneut überwiegend mit dem Schwanz wedeln und bekommt dabei buchstäblich unentwegt auf die Nüsse, Ehren McGhehey wird außerordentlich schmerzhaft ein Zahn mit einem Lamborghini gezogen und Steve-O, mittlerweile auf Alkoholentzug und deshalb bei allen Stunts nüchtern, darf in einem Dixiklo festgebunden in die Luft geschleudert und mit Scheiße überschüttet werden. In Erinnerung bleibt aber insbesondere der "Sweatsuit Cocktail", ein Getränk aus dem gesammelten Schweiß von Preston Lacy, das erwartungsgemäß Kotzanfälle mit sich bringt.
Auch wenn die besonders denkwürdigen Einfälle dieses Mal ausbleiben, vermutlich weil auch die "Jackass"-Jungs irgendwann einmal erwachsen werden, man also auf Evergreens wie das Papierschneiden oder Pferdesperma trinken der Vorgänger verzichten muss, hat auch dieser Film noch einen enorm schadenfreudigen Unterhaltungswert. Und man lacht auch immer noch mit den Jungs, statt über sie, weil in erster Linie sie selbst die größte Freude am eigenen Blödsinn haben. Wie Trophäen präsentieren sie sich gegenseitig ihre klaffenden Wunden, demonstrieren Männlichkeit und führen sie doch nur als reine Albernheit vor. Der häufigste Kommentar vor oder nach einer erneuten Aktion lautet nicht von ungefähr: "Why am I doing this?".

Mehr noch als die Fernsehserie und vorherigen beiden Kinofilme setzt "Jackass 3D" dabei auf den zelebrierten Effekt. Durch das 3D-Verfahren sind die Aufnahmen überwiegend ruhig gehalten und werden deutlicher als bisher in Slow-Motion wiederholt und ausgekostet. Und ebenfalls mehr als zuvor – sofern das überhaupt möglich ist – scheinen die Aktionen der Jungs auf den Genital- und Analbereich fixiert. Wenn sie nicht gerade ihre Schwänze zeigen oder sich gegenseitig anpissen, stopfen sie sich irgendwelche Gegenstände in den Hintern oder fuchteln mit Gummidildos herum. Frauen spielen dabei natürlich wie immer keine Rolle, die Jungs bleiben ganz bei sich. Wahre Liebe gibt’s schließlich nur unter Männern.

70% - erschienen bei: gamona