September 16, 2010

Kino: RESIDENT EVIL - AFTERLIFE

Rückblick: Der bessere Uwe Boll, eigentliche Game- Verfilmungs-Auteur, Genreprolet und Ideenklauer Paul W.S. Anderson durfte 2002 für Bernd Eichinger das heißeste Ding unter den heißen Videospielen ins Kino bringen – "Resident Evil". Gefilmt wie eine lausige TV-Show in High-Tech-Katakomben, blieb von dem handzahmen Zombiegestreichel einzig manch kurioser Einschlag in Erinnerung, etwa die köstlichen Schwachsinnsauftritte von Powerweib Michelle Rodriguez ("Ich bin nicht lesbisch!") oder Heike Makatsch als untote Wissenschaftlerin (so was ähnliches zumindest). Kaum auszudenken, was das für ein Film geworden wäre, hätte George Romero – wie eigentlich geplant – seine Version des Stoffes inszenieren dürfen.

Nach "Resident Evil" ohne Beinamen kam dann "Resident Evil" mit Hinweis auf die "Apocalypse" und einer Milla Jovovich in noch engeren Höschen und diesmal digital getunten Möpsen, die diese Blaufilterkatastrophe von Film mit ihren wahllosen Actionszenen im nervtötenden Schnittmarathon auch nicht erträglicher machten. "Extinction", mittlerweile von Regisseur No. 3, erschien da schon als flamboyante Abwechslung mit lauter dusseligen Filmzitaten und einer penibel bekloppten Fortführung der Geschichte, hatte aber bis auf (endlich mal) ein wenig Blutgekröse auch nichts zu bieten. Milla sieht zwar gut aus, wenn sie zulangt, kann aber keinen vernünftigen Satz geradeaus sagen. Und die Zombies sind in allen drei Filmen die reinsten Luschen. Fazit: Unerklärlich erfolgreicher Kackfranchise.

Deshalb ist mir eigentlich auch nicht ganz klar, warum ich nach drei unterschiedlich blöden "Resident Evil"-Filmen nun ganz plötzlich Vergnügen mit diesem vierten vom Video- zum Kinospiel konvertierten Zombie-Action-Stuss hatte. Das wird ja wohl kaum daran liegen, dass Anderson seine Rückkehr zur Serie mit einem großspurig vermarkteten 3D-Event feiert, ich gehe schließlich keinem Gimmick auf den Leim, der mich nicht einmal in "Avatar" begeistern konnte. Oder doch? Das hier ist ja ein echter 3D-Film, also nix nachträglich rumgebasteltes, sondern ein mit dem "Cameron Fusion System" gedrehter, total lizenzierter, authentischer Superoriginal-3D-Film. Milla ist nicht länger der Star von "Resident Evil"! Die Zeitlupen gelten hier Patronenhülsen, die ins Publikum fliegen, oder Zombietentakeln (ja, so was gibt es), die einem unerwartet entgegen schießen. Schon ziemlich cool, das.

Möchte dann wohl also doch vorsichtig gestehen, bisher noch nie so viel Spaß mit diesem neuen Kinorevolutionsgimmick gehabt zu haben. Und geschaut habe ich fast jeden 3D-Film. Aber die Technik allein ist es auch nicht, es ist wohl eher der Umstand, diesen Hochglanztrash nun plötzlich so zu sehen. So umgeben, so donnernd, so mit cheesigem Krawall zum Anfassen eben. So billiger Quatsch, absolut aufpoliert. Und Zombies in 3D! Kaum effektiv ausgenutzt und trotzdem ziemlich dufte. Mit dem Cameron Fusion System. Da wird sich richtig angebiedert, wenn das Bild einfriert und man jedes 3D-Detail genau inspizieren kann, wenn jede Actionszene in Bullet Time gefilmt ist oder man angesichts des Formats auf, zumindest für die Verhältnisse der Serie, recht großzügige Einstellungen setzt. Aber noch mal zu den 3D-Zombies: Neben mir saß ein Freund, der fürchtet sich vor Zombies, ist mir unerklärlich, stimmt aber. Der hat sich so sehr gegruselt, obwohl es nichts Gruseliges zu sehen gibt (und die Untoten sowieso eher spärlich zum Einsatz kommen), dass ich mich davon habe anstecken lassen. Deshalb hat dieser Film auf seiner profan-unterhaltsamen Ebene zusätzlich bestens funktioniert und wurde seinen Ansprüchen vollends gerecht.

Und, na ja, da ist natürlich noch das Wichtigste: Der Trash-Faktor bei "Resident Evil: Afterlife", der ist wirklich sehr hoch und nicht zu verachten. Da gibt es herrlich schwachsinnige Gags und haarsträubend unlogische Ploteinlagen. Da sitzt nicht ein einziger One-Liner ("Das war ja eine geile Landung." – "Du meinst wohl eine geile Bruchlandung."… Brüller!), und überhaupt ist es eine Freude, Andersons eigenwilliger Vorstellung von Inszenierung zuzuschauen, so mit all den unmotivierten Abblenden oder der hilflosen Schauspielführung. Die vorherigen drei Filme erwiesen sich diesbezüglich ja noch um einiges ehrgeiziger, das wollten schon ziemlich dufte Genreklopper sein, jenseits etwaiger Unfreiwillig- und Peinlichkeiten. Deshalb haben sie genervt, weil sie ja trotzdem peinlich waren, nur eben ohne charmantes Bekenntnis zum Blödsinnigen. "Afterlife" hat den Mut zum veritablen Schwachsinn, ohne sich mit Selbstironie zu boykottieren. Deshalb ist es ein schöner Quatsch, an dessen Ende so was wie der ultimative 3D-Camp steht.


60% - erschienen bei den: 5 FILMFREUNDEN