Dezember 23, 2007

Kino: THE MIST

Regisseur Frank Darabont genießt nicht nur unter Stephen King-Fans ein recht hohes Ansehen, auch beim breiten Publikum konnten sich seine Adaptionen von "The Shaw- shank Redemption" und "The Green Mile" durchsetzen, abgesegnet vom Autoren selbst und überhäuft mit zahlreichen Auszeichnungen. Wenn King indes seine eigenen Verfilmungen lobpreist, ist erst einmal Vorsicht geboten: Erinnerungen an "Maximum Overdrive", jenem Truckstop-Debakel, bei dem er selbst Regie führte, und "Dreamcatcher", der eigenen Aussagen zufolge besten Adaption eines seiner Romane, werden wach – kein Geheimnis also, dass das Medium Film Kings Sache nicht ist.

"The Mist" (Der Nebel) geht darüber weit hinaus. Insbesondere hinsichtlich seiner geänderten Schlussszene sei der Filmstoff so konsequent, wie ihn selbst sein literarischer Schöpfer in Buchform nicht hinbekommen habe. Derlei Lob zieht an Darabont nicht spurlos vorüber, seine nunmehr dritte King-Nummer ist deshalb betont autark ausgefallen. Doch die Regel greift ein weiteres Mal: Was der Horrormeister hier begeistert durchgehen lässt, ist nicht weniger als der unerträglichste Genremumpitz der Saison.

Wie immer Castle Rock, wie immer die durchschnittliche Familie im durchschnittlichen Vorort: Ein Sturm hat fast das Haus zerlegt, aber Ehemann und Superpappi David Drayton (Thomas Jane) hat die Zügel fest im Griff. Als er mit seinem Sohn einen Abstecher in den Supermarkt unternimmt, zieht urplötzlich ein Nebel herauf. Darin, so ein verängstigter Bürger, würde eine unkenntliche Gefahr lauern und alles verschlingen, was sich ihr in den Weg stelle. Zufälligerweise hat sich im Einkaufszentrum ein illustrer Querschnitt der US-amerikanischen Bevölkerung inklusive religiösen Fanatikern (Marcia Gay Harden) und missverstanden Soldaten (Sam Witwer) eingefunden – und so entwickeln sich die zwischenmenschlichen Konflikte bald zu einer weitaus größeren Bedrohung, als all die Tentakeln, Rieseninsekten und Monsterspinnen, die der Nebel so auszuspucken scheint.

Die Spannungen und Reize, die eine derartige Situation heraufbeschwört, versteht Darabont zu keiner Zeit in subtile Schreckensmomente zu übertragen. Anstatt den stetig wachsenden Druck innerhalb der Gruppe als eigentliche Gefahr sichtbar zu machen, kreiert er nur plumpe Wutausbrüche innerhalb der standardisierten Ausgangssituation. Die Bedrohung von außen wird rhythmisch und erwartungsgemäß in kleineren Angriffen und Zwischenfällen erkenntlich, während die innere Dynamik durch Wortgefechte und bald auch Handgreiflichkeiten hergestellt werden soll. Da der Film das altbekannte Szenario jedoch ohne Ideen, inszenatorische Finesse oder überhaupt irgendeinen Regieeinfall abspult, wird aus der anfangs noch leidlich atmosphärischen Geschichte bald ein sterbenslangweiliges Theaterstück.

Dabei unterbietet sich "The Mist" gleich in vielerlei Hinsicht selbst. Die gegenwärtigen TV-Produktionen entlehnte Kamera wackelt und zoomt ziellos vor sich her, während man wahlweise über die unnötig schlechten Effekte der K.N.B.-Jungs, den grausamen Ethno-Score, sowie die immensen Logikprobleme des Drehbuchs staunt. Dass fast keine Szene irgendeinen inhaltlichen Sinn besitzt, sondern nahezu genial frech jedes Filmklischee bedient, wird mit fortschreitender Spieldauer von den Leistungen der Darsteller überschattet. Dem Ensemble müssen augenscheinlich Drogen verabreicht worden sein, anders ist das hysterische Gekreische der Schauspieler nicht zu erklären. Was Marcia Gay Harden als vermeintlich Gottgetriebene hier an Schauspielschulenniveau erinnerndes Over-Acting auffährt, wird eigentlich nur noch vom völlig unbeteiligten, mit aufgesetzter Ernsthaftigkeit dreinschauenden Thomas Jane überflügelt: In der Tat ist "The Mist" mitunter so schlecht gespielt, dass hiernach entweder einige Agentenjobs, oder aber auch gleich ganze Karieren ruiniert sein dürften.

Man wird bei diesem desaströsen, unausgegorenen Sci-Fi-/Horror-/Fantasy-Drama trotz seiner penetranten Inszenierung, die aus dem Film mit nahezu widerwärtiger Vehemenz ein Spiegelbild der gegenwärtigen US-Gesellschaft als zweigeteilte Nation zwischen Demokratiebewusstsein und konservativer Wertebesinnung zu entwerfen versucht, das Gefühl nicht los, dass die Geschichte auf dem Papier als anregendes Spannungsbonbon was hermacht. Doch gegen das dilettantische Seitenrascheln des Herrn Darabont ist kein Kraut gewachsen – dieser Müll ist ein ernsthafter Anwärter auf die schlechteste King-Verfilmung aller Zeiten.


15% - erschienen bei: DAS MANIFEST