August 27, 2006

Kino: VOLVER

Er war ja nie wirklich weg, Regisseur Pedro Almodóvar. Aber der Titel seines neuen Films "Volver" ist in vielerlei Hinsicht Programm, bedeutet er doch die Rückkehr Penelope Cruz’ in ihre Heimat, nachdem sich der Erfolg auf dem amerikanischen Markt nicht einstellen lassen wollte, ein Wiedersehen mit der Grand Dame des spanischen Kinos Carmen Maura, nach fast 20 Jahren erneut mit Almodóvar vereint, und die Wiederkehr in die Region La Mancha, wo der Filmemacher aufwuchs. Das Werk hält dabei - in meisterlicher Vollendung – die Balance zwischen den schrillen, exzentrischen Elementen früherer Almodóvars und gesetzten, zurückhaltenden Klängen, eine neue Formel beinahe, und ein neues Ergebnis: Sein 16. Film ist nicht nur der zugänglichste, sondern auch der bislang beste.

"Volver" ist in erster Linie eine filmische Besinnung, eine Ode an die Heimat und Kindheit, eine gedankliche Rückkehr zu Orten und Geschehnissen, die nie verarbeitet wurden. Penelope Cruz spielt Raimunda, eine lebensstarke Frau, die Almodóvar durch viele Höhen und Tiefen laufen lässt, sie auf eine Reise in die Vergangenheit begibt, um sich mit ihr auseinanderzusetzen. Er erzählt die bewegte Geschichte einer Familie in einem spanischen Dorf, wo Mythen und Aberglaube mehr bedeuten als wahrheitsgetreuer Rationalismus. So kehrt die Mutter von Raimunda und ihrer Schwester Sole (Lola Dueñas) aus dem Reich der Toten zurück und klärt nicht nur die Umstände ihres vermeintlichen Todes auf, sondern was sich einst bei einem großen Brand wirklich ereignete.

Das alles ist so wunderbar echt ins Leben gerufen, es fühlt sich ebenso leicht an, wie es erzählt ist, und es ist doch so ernst, so tragisch und vor allem so melancholisch. Bei allem Witz und all der Heiterkeit ist "Volver" eine anrührende Tragikomödie über die Begegnung mit den Geistern der Vergangenheit, eine Liebeserklärung an die Frauen, die mit ihrer Zwischenmenschlichkeit die schuldigen Bilder einer Realität in der Ferne vergessen lassen. Almodóvar verwischt inhaltlich abermals eindrucksvoll surreale mit naturalistischen Elementen, doch so absurd das auch immer erscheinen mag, das Leben ist eben eigentlich nicht anders, mal schrill und wiederum bieder, mal eigenartig und doch völlig normal.

Aus dem Ensemble, fantastisch harmonisch und geschlossen, brilliert insbesondere Penelope Cruz, die hier spürbar alle Masken ihrer eingeschränkten Arbeit in der Traumfabrik ablegt. Wie die Frauen bei Visconti oder Rossellini (nicht zufällig verweist Almodóvar in einer Szene auf "Bellissima") bewegt sie sich grazil und selbstbewusst, betont die Kamera ihre weiblichen Rundungen. Schließlich singt sie sich in einer wundervoll inszenierten Restaurantszene in die Herzen des Publikums, nur einer der vielen Gänsehautmomente des Films. "Volver - Zurückkehren" ist zu schön, um wahr zu sein – und trotzdem ein Schritt vor, denn zurück.


85%