August 12, 2006

Kino: THANK YOU FOR SMOKING

Nicht wenige Filme versuchen sich satirisch an der US-gesellschaftlichen Gegenwart, einer zumeist paradoxen Weltdarstellung. In „Wag the Dog“ von Barry Levinson werden die grotesken Manierismen Hollywoods zum Gegenstand politischer Aktion, in Michael Manns „The Insider“ wird der etwas verklemmte Versuch unternommen, die rein kapitalistischen Machenschaften der Tabakindustrie in einen Diskurs zu bringen. „Thank you for Smoking“, das Spielfilmdebüt von Jason Reitman, dem Sohn von Regisseur Ivan Reitman („Ghostbusters“), geht in vielerlei Hinsicht einen Schritt weiter als die beiden genannten, zielt seine bissig-zynische Absicht nicht nur ausschließlich auf Politik, Hollywood oder die Zigaretten-, Alkohol- oder Waffenindustrie ab, sondern bringt dies mit der Satire über die Absurdität der „spin“-Gesellschaft auf einen Nenner.

„Spinning“ – mit Aussagen oder Informationen die öffentliche Meinung bestimmen. „Umgangssprachlich gesagt heißt es dasselbe wie „bullshit“. Egal wie man es auch nennt, darum dreht sich unsere Welt eigentlich.“, fasst es Christopher Buckley, Autor der viel gelobten Vorlage des Films, zusammen. Nick Naylor (Aaron Eckhart) ist der oberste Pressesprecher von Big Tobacco, er verdient seinen Lebensunterhalt, um das Rauchen zu legitimieren, die Revision einer Gefahr argumentativ darzustellen, kurz gesagt: er verkauft den Tod. „Thank you for Smoking“ erzählt über ihn und andere „Spin doctors“, über die Gegner im Senat, über Korruption und Hollywoodpropaganda, Lobbyismus und skrupelloses PR-Management, vor allem aber von den Menschen und Marionetten dieser Welt, ohne jedoch im Vergleich zu ähnlichen Filmen jemals der Gefahr zu erliegen, eine Gruppe letztlich besser als die andere dastehen zulassen, Ausgleiche schaffen zu wollen oder deplatziertem Optimismus huldigen zu müssen. Nick Taylor verliert im Verlauf der Geschichte nie seine zweifelhafte Sympathie, er bleibt stets der gewissenlose Pragmatiker.

Reitman inszeniert seinen Film unheimlich kurzweilig und verliert nie das hohe Tempo des Beginns. Er erzählt straff und präzise ohne Oberflächlichkeiten, verlässt sich zielsicher auf das großartige Ensemble. Und „Thank you for Smoking“ ist bis in die kleinsten Nebenrollen prominent besetzt und hinreizend gespielt, sowie treffsicher und wirklich komisch. Vielleicht ist er aber auch deshalb so überzeugend geraten, weil die große Ironie des Films die nüchterne Erkenntnis ist, dass bei all der politischen Inkorrektheit, überzeichneten Darstellung und sarkastischen Konsequenz die Wirklichkeit der Politik eben doch selten so korrekt eingefangen wurde. Und dafür musste in diesem Film nicht einmal geraucht werden.

Wertung: 8/10 - Kinostart: 31.08.2006