Februar 17, 2015
Kino: WHIPLASH
Ich habe einige Jahre selbst Schlagzeug gespielt. Und ich hatte einen energischen Musiklehrer. Er war vernarrt, verschroben, wahrscheinlich auch verstörend. Wer sich für Musik nicht einigermaßen begeisterte, konnte bei ihm schnell unten durch sein. Wer Musik machte, aber nicht fürs Musikmachen brannte, erst recht. Aber: Wer lernen, wer über sich hinauswachsen wollte, den förderte er. Organisierte Konzerte, Zusammenkünfte. Und sorgte für ein erfinderisches, vor allem hochmusikalisches Miteinander. Wir, die erst für ihn und dann mit ihm musizierten, hatten Respekt vor diesem Mann.
"Whiplash" hätte ein Film sein können über genau diese produktiven Spannungsverhältnisse. Stattdessen aber ist es ein Film, der Musik als Drill begreift. Arschlochstudent lässt sich von Arschlochlehrer die hohe Kunst des Jazz einprügeln. Lässt sich homophob beschimpfen und drangsalieren, bis das Blut fließt. Einen Autounfall und 'ne geplatzte Dozentenkarriere später heißt es dann: Nur wer auch bis zum Äußersten getrieben werde, könne aus der Reihe tanzen und es weit bringen. Alle anderen müssten sich damit abfinden, lediglich einen "guten Job" zu machen. Nichtsnutze zu sein, über die kein Mensch jemals sprechen wird.
Natürlich ist das eine faschistische Logik. Aber der Film glaubt fest an sie. Er glaubt, der Drill mache den Unterschied. Und lässt seine beiden Protagonisten im grenzdebilen Finale zu einem buchstäblich gleichen Rhythmus finden, damit das Drangsalieren produktiv werden kann – wahrscheinlich möchte "Whiplash" seine welt- und definitiv musikfremde Vorstellung von Leistungsfähigkeit also auch noch als Heilmittel verstanden wissen. Ich habe selten einen blödsinnigeren Musikfilm gesehen. Oder vielleicht sogar noch nie. Faschokino, durch und durch.