Mai 27, 2009

Kino: THE UNINVITED

Es will kein rechtes Ende nehmen mit den schwarzhaarigen kleinen Mädchen, die in Wandschränken hocken oder aus Fernsehgeräten krauchen, mit den in einem doch so völlig anderen Kulturkreis verorteten übernatürlichen Geister- geschichten und all den knarrenden Türen, Fenstern und Bodendielen, die das US-Genrekino dank zahlreicher asiatischer Horrorvorlagen vor einigen Jahren für sich entdeckte – wenn auch die Initialzündung und der einzige wirkliche Kassenhit hinter dieser – nun ja – Idee, Gore Verbinskis "The Ring" –Remake natürlich, schon wieder eine ganze Weile zurückliegt.
 
Nun also durfte das südkoreanische Gruseldrama "A Tale of Two Sisters", mit dem Kim Jee-Woon seinerzeit auch hierzulande bei den Berliner Filmfestspielen viele über- schwängliche Kritiken einfahren konnte, nach allen Regeln der westlichen Mainstream-Kunst neu verfilmt werden. Die Nähe zum Vorbild betont die deutsche Titelvergabe mit dem "Fluch der zwei Schwestern" stärker als im Original: Dort heißt das US-Remake schlicht "The Uninvited". Und ungebetene Gäste sind dann auch das Schlüsselmotiv der großteils treu adaptierten Geschichte.

So hatten beispielsweise weder Anna (Emily Browning) noch ihre Schwester Alex (Arielle Kebbel) die undurchsichtige Rachel (Elizabeth Banks) eingeladen, in ihr großes Familienanwesen zu ziehen und den vermögenden Papi (David Strathairn) für sich in Beschlag zu nehmen. Die (ausgerechnet!) ehemalige Pflegerin der nunmehr verstorbenen Mutter beider scheint dabei offenbar einen heimtückischen Plan zu verfolgen. Zumindest vermutet die frisch aus dem Krankenhaus entlassene Anna das, nachdem sie zunächst die schweren seelischen Folgen des Todes der Mutter zu verarbeiten hatte.

Der Haussegen hängt demnach reichlich schief: Während der treudoofe Vater blind scheint für die mysteriösen Vorgänge daheim, trägt Rachel offenbar ein dunkles Geheimnis aus der Vergangenheit mit sich. Der Familienzwist zwischen dem Schwesternpärchen und der garstigen Stiefmütter mündet selbstredend allmählich in einer Katastrophe, deren Schlussüberraschung einige Logiklöcher erklärt, sich in dieser Neuverfilmung jedoch auch weitaus deutlicher ankündigt als im koreanischen Original von 2003.

Das Regiegespann Charles und Thomas Guard gibt sich dennoch Mühe, die moralisch komplexe Geschichte effektiv nachzuerzählen. Die Brüder setzen auf klassischen Suspense- Grusel, großzügige Schockeinlagen und allerlei übliche Teasing-Effekte. Der Film ist dramaturgisch durchsichtig und konventionell gestrickt, das aber immerhin mit bemühter Sorgfalt: "Der Fluch der zwei Schwestern" nimmt sich zumindest im Aufbau von Spannung und Atmosphäre ernst, wenn er inszenatorisch auch bei weitem nicht die Originalität erreichen, geschweige denn die psychologischen Tiefen der Vorlage ausloten kann.

Dieses gab sich im Tonfall deutlich melancholischer, fügte dem nicht selten konfusen Familiendrama erst nach und nach märchenhafte Horrorelemente bei und spann insgesamt ein deutlich komplexeres Netz aus Schein und Sein, Illusion und Wirklichkeit, Paranoia und Verdrängung. Die Guard-Brüder sind ungleich weniger am Freudschen Psycho-Drama interessiert als an gängigen Thrillerstrukturen und einem straffen Handlungsverlauf, der genügend Raum für amerikanische (Film-)Klischees bereithält. Ihr Spiel mit der verzerrten Wahrnehmung der jungen Anna bleibt dabei sehr über- und durchschaubar.

So ist insbesondere zu bedauern, dass das Remake nicht einmal auf die ausgeklügelte Farbdramaturgie des Originals zurückgreift, um dem unheimlichen Haus einen eigenen Charakter zu verleihen, so wie Kim Jee-Woon es schließlich noch (an Stanley Kubricks "Shining" erinnernd) eindrucksvoll und überaus unheimlich verstand. Auch der Verzicht auf kluge Regieeinfälle, etwa wenn in "A Tale of Two Sisters" – in Hinblick auf die eigentliche Auflösung der Geschichte – bestimmte Personen nur in ebenso bestimmten Einstellungen zueinander in Beziehung gesetzt wurden, spricht nicht gerade für das künstlerische Konzept der Neuauflage.

Die Amerikanisierung des Schwestern-Stoffes bietet für Nicht-Kenner der Vorlage spannende und nicht selten absehbare Unterhaltung, bricht das 2003er-Original jedoch leider besonders an den reizvollen Schnittpunkten auf glatten Mainstream-Horror herunter. Aus einem Cronenbergschen Psychodrama haben die Guard-Brüder eher klassische Thrillerkost generiert, die Freunde des großartigen "A Tale of Two Sisters" mit Sicherheit kalt lassen wird.


40% - erschienen bei: gamona