September 16, 2008

Zuletzt gesehen: MÄNNER HELDEN SCHWULE NAZIS

"Der Schwule an sich ist natürlich per se kein besserer Mensch."

Schwule Nazis – kein Widerspruch!? Rosa von Praunheim packt eines der kontroversesten, wenn nicht gar das kontroverseste Thema der schwulen Szene an: Die (ästhetische) Verbindung zwischen homosexueller und nationalsozialistischer Anziehung, die ideologischen und unideologischen Imitationen in der Mode, die Auslebung von Skin-Fetischen. Befragt werden Aussteiger und nunmehr Antifa-Aktivisten wie Jörg Fischer (dessen Engagement beeindruckend ist, der aber, wie ich bei einem seiner Vorträge persönlich feststellen musste, zu einer quasi Vorzeichen veränderten Demagogie neigt), ebenso wie weiterhin bekennende Rechte, spezialisierte Historiker, Journalisten und Politiker, ja, selbst Klaus Wowereit wird zum kurzen Schlusswort gebeten. Praunheim nimmt sich – für ihn in der Tat unüblich – sehr zurück, lässt vielfältige Stimmen zu Wort kommen, neigt weder zu Polemik noch Überdramatik. Schlicht und unaufgeregt inszeniert, untersucht der Film höchst kritische, aber nicht zuletzt ungemein spannende Fragen und Widersprüche, ausgehend von ikonischen – aber eben schwulen – Nazi-Helden, vom SA-Führer Ernst Röhm bis zum Neonaziaktivist Michael Kühnen, der 1991 an AIDS starb. Es bleiben letztlich viele Fragezeichen, und die Absurdität mancher Aussagen scheint die zentrale Divergenz eher noch zu verstärken: Dennoch lassen sich aus dem Film hilfreiche psychologische Vermutungen ableiten – und er steht im besten Fall am Anfang eines längst überfälligen Diskurses in der schwulen und vielleicht auch in der neofaschistischen Szene.


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