August 31, 2011

Zuletzt gesehen: THE WOMAN

Ein rohes Stück Film, das von Regisseur Lucky McKee und Horrorautor Jack Ketchum zunächst als Quasi-Sequel zu Andrew van den Houtens "Offspring" konzipiert wurde, schlussendlich aber lediglich dessen Sujet vom unzivilisierten Menschen erneut aufgreift, um es zu einem bitterbösen und tiefschwarzen Schocker neu zu verarbeiten. Im Kern erweist sich "The Woman" trotz vordergründiger Zugeständnisse an die von Suspense gelenkte Dramaturgie des Thrillers als gleichsam pervertiertes Melodram über die Stellung des Patriarchen in heutigen Mittelstandsfamilien. McKee, der hier nach seinem unterschätzten Horrordrama "May" (sowie "The Woods" und "Sick Girl") erneut mit Angela Bettis zusammenarbeitet, inszeniert diesen Alptraum von einem Film mit einer fast beiläufigen Gelassenheit, die schnell die alles andere als unauffälligen oder schmucklosen Kabinettstückchen – und auch die komischen Elemente – seiner Regie übersehen lässt. Dass "The Woman" einige ungemein spannende theoretische Fragen über Gesellschaftsordnung im Allgemeinen und Geschlechterrollen im Besonderen verhandelt, darf schon nach einmaliger Sichtung zurecht vermutet werden – blickgetrübt letztlich durch einen grotesk-genialen Schlussakt, der jeden Ansatz vom Kopf weg in Mark und Bein verlagert.


70%

August 29, 2011

Zuletzt gesehen: MIDNIGHT IN PARIS

Nach großzügigem Cannes-Buzz, begeisterten Feuilletonarien und sogar klingelnden Kinokassen versprach "Midnight in Paris" einen Woody Allen in alter Form, bestenfalls sogar in Tradition seiner filmreflexiven Vergnüglichkeiten à la "Purple Rose of Cairo". Erwartung vergebens. Auch im alten Europa, das Allen zuletzt noch einmal zu später Frische anregte (so frisch ein Film von ihm eben sein kann), haben nun erneut Altherrenulk und formale Lethargie den Regisseur fest in ihrer Hand. Mit der Idee, Owen Wilson als Woodys Alter Ego auf berühmte historische Persönlichkeiten aus Kunst, Musik und Literatur treffen zu lassen, weiß der Film nichts anzufangen. Statt einen künstlerisch diskursiven Dialog zwischen Gegenwart und Vergangenheit zu eröffnen, betreibt Allen ausschließlich Namedropping. Übrig bleibt ein einziger Leerlauf zwischen Paris-Postkartenstrecke und "gewitzten" Beziehungs- problemchen – eine müde pointierte, betagte Komödie für Bildungsbürger jedweder Couleur, in der es wieder einmal um rein gar nichts geht.


30%

Zuletzt gesehen: RISE OF THE PLANET OF THE APES

Seltsam befremdliche und freilich ohnehin unnötige Vorgeschichte als narrative Vereinfachung einer bereits zuvor großzügig breitgetretenen Metapher, die nun ausgerechnet in ihrem Prequel- und damit Ergründungsgestus der ursprünglichen Idee dem sich ins eigene Verderben forschenden Menschen kaum Platz, geschweige denn Differenzierung einräumt - und die eigentliche "Erklärung" sogar noch in den Abspann verbannt. Stattdessen präsentiert sich "Rise of the Planet of the Apes" mit Fokus auf zur Schau gestellter Rechnerarbeit, über die sich der Film folgerichtig auch gleich vermarktet ("Von WETA Digital"). Zwischen digitalem Tiergetöse mit computeranimierten Plansequenzen und überraschend altmodischer Inszenierung (sorgfältiger Schnitt von Mark Goldblatt) entsteht eine mehr als irritierende Kluft. Überflüssig.


40%

August 26, 2011

Kino: FINAL DESTINATION 5

Nachdem sich die "Saw"-Filme und damit auch ihr Markenzeichen, der über Leben und Tod waltende Jigsaw-Moralapostel, im letzten Jahr vorerst aus dem Kinogeschehen zurückzogen, muss nun die "Final Destination"-Serie Langlebigkeit an der von immerwährenden Sequels verwöhn- ten Horrorfilmfront beweisen. Dass sich damit ausgerechnet Gevatter Tod himself nun als der einträglichste Franchise-Killer auf dem mittlerweile wieder merklich ausgedünnten Slashermarkt erweisen dürfte, entbehrt nicht einer gewissen Ironie und Konsequenz.

Knapp 500 Millionen US-Dollar haben die bisherigen vier Ergüsse der freilich immer nach dem gleichen Prinzip gestrickten Filme allein in den Kinos weltweit eingefahren. Die jüngeren Fortsetzungen potenzierten den Erfolg des jeweiligen Vorgängers sogar noch, nicht zuletzt der in 3D produzierte und im Original schlicht "The Final Destination" betitelte vierte Film. So lange der meuchellustige Sensemann also noch ein paar Dutzend schicker Teenies auf seiner ominösen Todesliste zu verzeichnen hat, wird es auch weiterhin heißen: Letztes Ziel – Tod.

Getreu der nach wie vor liebevoll abstrusen Serienprämisse – den Tod überlisten und seinen "Plan" durchkreuzen zu können – muss sich in "Final Destination 5" abermals eine mit austauschbaren Jungdarstellern besetzte Gruppe Frischfleisch gegen die lebhafte Vision eines Todesahnenden unter ihr zur Wehr setzen. Und so fantasiert der sensible Sonnyboy Sam (die Filme finden zum männlichen Heldentyp des Originals zurück) zu Recht, dass er und seine schnieken Arbeitskollegen die Busfahrt zur Klausurtagung nicht überleben werden. Der obligatorische Eröffnungskrawall darf beginnen.

Auf einer gigantischen Hängebrücke kommt es rasch zur erwarteten (und sagenhaft getricksten!) Katastrophe, just nachdem Sam und dessen rat- wie fassungslose Freunde ebendiese in letzter Sekunde verlassen konnten. Was folgt, ist wieder einmal bitterer Fatalismus: Irrsinnige Zufälle ereilen die Überlebenden, ehe einmal mehr alles in einfallsreichen Mordszenarien endet. Trotzdem das Prinzip der zum Tode verdammten Jugendlichen im fünften Film leicht variiert scheint, so sie glauben, selbst jemanden ermorden und sich damit aus der Vorherbestimmung lösen zu können, heißt es ein ums andere mal: "You can't cheat death!".

Durch den steten Wiederholungsgestus eines jeden neuen "Final Destination"-Films tradiert die Serie wie kaum eine andere die Mechanismen des immer nach den ewig gleichen Formeln gestrickten Franchise-Horrors der 80er-Jahre. Mehr noch, brechen die einzelnen Episoden ihre an und für sich komplexe Idee von Vorahnung, Todessehnsucht und Schicksalhaftigkeit mit jedem Folgefilm weiter auf die Essenz des Slashers herunter: Kreatives Töten. Folglich haben die spektakulären Morde in "Final Destination" längst ihren Star-Credit erhalten – im Abspann dieses fünften Teils wird der Spezialeffektkünstler noch vor allen Schauspielern genannt.

Bereits im Vorgänger zeigten sich Figuren und Handlung auf ein Minimum reduziert. Der Ver- oder eher Ablauf des Plots ist in "Final Destination 5" zu einem Großteil der Vorbereitung (Teasing) und Durchführung von Splatterszenen gewidmet. Meist vergehen nur wenige Minuten, ehe das nächste Opfer einen vorherbestimmten und doch ein jedes Mal aufs Neue unerwartet einsetzenden Tod sterben darf. Da lösen sich Schrauben aus der Fassung, sprühen Funken in Wassernähe oder entsteht plötzlich ein Kurzschluss – und dann ist es letztlich eben doch nur der Knopf eines Teddybären, über den eine der schönen Frauen hier in ihr Unglück stolpert.

Was "X-Files"-Urgestein James Wong im ersten "Final Destination" vor zehn Jahren noch als Stoff für einen melancholischen Mystery-Thriller verstand, ist nunmehr endgültig einer offenkundigen Gore-Show gewichen, deren Spektakelcharakter durch großzügige 3D-Effekte nur noch unterstrichen wird. Diese einzig auf bluttriefende, sich verselbständigende Gross-Out-Momente ausgerichtete Maxime ist in ihrem Kern so zynisch wie aufrichtig. Die Konzentration auf reine Schauwerte, geradezu frivol ausgestellte Gewalt und als Happening inszenierte Splatter- schübe lässt "Final Destination 5" zu einem echten Exploitationfilm mutieren – in Zeiten von Möchtegern-Exploitern mit Retro-Siegel ("Machete" und Co.) eine allzu wunderbare Ausnahme.


70% - erschienen bei: gamona

August 24, 2011

Kino: COWBOYS & ALIENS

Seit der Western nicht mehr ist, bemühen sich gelegentliche Wiederbelebungsversuche und neue Spielarten um eine angemessene Erbschaft des ältesten aller Kinogenres. Nach langer Zeit verhalf "True Grit", der Gebrüder Coen unerwarteter Blockbuster, dem Western im vergangenen Jahr zu einem Überraschungserfolg, der ein neues Interesse am Mythos zu generieren schien. Welch findiger Einfall, genau jenes nun auch noch mit dem aktuellen Alien-Boom zu verkleben. "Cowboys & Aliens", ein Science-Fiction-Western.

Solcherlei Genre-Mashups haben Hochkonjunktur. Allein in diesem Jahr starteten in deutschen Kinos Westernvariationen jedweder Couleur, kombiniert mit den Befindlichkeiten des Melodrams ("Winter’s Bone"), dem ruppigen Wesen des Roadmovies ("Drive Angry") oder der kindgerechten Ästhetik einer Animationskomödie ("Rango"). Auch vage Fusionen der Science-Fiction mit dem Western hat es bereits gegeben, nie aber kreuzte man so konkret zwei ihrer absoluten Archetypen, den Cowboy und die außerirdische Lebensform, um daraus einen Blockbuster zu schnitzen.

Den Grundstein für diese durchaus reizvolle Prämisse legte Scott Mitchell Rosenbergs gleichnamiger Comic von 1997, der bisher nicht ins Deutsche übersetzt wurde. Eine ganze Riege prominenter dicker Produzentenfische – u.a. Steven Spielberg, Ron Howard und Brian Grazer – witterte in der Vorlage ein veritables Geschäft. Jon Favreau, bekannt als einer der umgänglichsten Auftragsfilmer Hollywoods, empfahl sich mit seinen soliden "Iron Man"-Adaptionen für die Regie. Und so macht man dann Sommerhits.

Daniel Craig spielt in "Cowboys & Aliens" einen namenlosen Fremden, der ohne jede Erinnerung in das kleine Wüstenkaff Absolution gelangt. Dort wandert er erst einmal zügig ins Gefängnis, nachdem man ihn für einen gesuchten Goldräuber hält. Nicht nur seine unbekannte Identität, sondern auch eine seltsame Metallmanschette am Unterarm machen die geheimnisvolle Ella (ätzend: Olivia Wilde) auf den rüden Cowboy aufmerksam. Ehe Colonel Dolarhyde (Harrison Ford) sich jedoch der Sache annehmen kann, wird das Städtchen plötzlich von Raumschiffen attackiert.

Das Western-typisch urige Set-Up und die rasch ins Spiel gebrachten Figuren des überdurchschnittlichen Ensembles (in weiteren Rollen sind beispielsweise Paul Dano, Sam Rockwell und Clancy Brown zu sehen) verheißen gleich zu Beginn einen nicht uninteressanten Film. Inklusive des ersten Alien-Angriffs, bei dem die ahnungslosen Bewohner von langen Raumschifftentakeln in die Luft gezogen werden, ist das ein solides und sogar aufregendes Vergnügen, das sein Versprechen vom Genre-Mix vollends einzuhalten scheint.

Nach einer knappen halben Stunde allerdings zeigt sich, dass man im Vorspann zu Recht über insgesamt fünf Drehbuchautoren stolperte. Vollends planlos stolpert der Film nach seiner hübschen Exposition von einem dramaturgischen Loch ins nächste, nicht wissend, was er nun eigentlich gescheites mit der Western-Sci-Fi-Prämisse anstellen soll. Das ausnahmslos auf belanglose Konfrontationen zwischen eben Cowboys und Aliens ausgerichtete Script schlendert von Standard A zu Standard B und wieder zurück, ehe sich im betulichen Finale alle noch mal eins auf den Hut geben dürfen.

Zwar arbeitet der Film teils gekonnt mit klassischen Western-Versatzstücken (Craig als Fremder ohne Namen), um diese gemäß seiner Genremischung zu variieren (die Erinnerungs- lücken des Fremden als Folge einer Entführung durch Außerirdische), dennoch bleibt die Kombination bloße Behauptung. Aus ihr entsteht nicht wirklich etwas Neues, und die doch eigentlich so frische Genrefusion läuft nur auf bewährte Konventionen hinaus, was sich vor allem in einfallslos konzipierten Kämpfen und einem altbackenen Creature-Design niederschlägt.

Fehlende Akzente gehen freudlos Hand in Hand mit überraschend unterinszenierten Actionszenen, in denen Harrison Fords verlebte Gesten wie ein unfreiwilliger Kommentar zum kraftlosen Dahinsiechen des Films erscheinen. "Cowboys & Aliens" würden Ecken und Kanten weitaus besser stehen als seine spröde Gradlinigkeit, die sich in unspektakulären Pistolenduellen erschöpft. Wenn eine so unbenutzte Idee innerhalb von nur zwei Stunden zum ausgedienten Bierdeckeleinfall verkommt, haben die Sommerhittüftler irgendetwas gewaltig falsch gemacht.


30% - erschienen bei: gamona

August 23, 2011

Zuletzt gesehen: TSUMETAI NETAIGYO [COLD FISH]

Gebündelter Schwachsinn von Japans angeblichem Regiewunderkind Sion Sono, das bisher mit stilistisch aufregenden, gern aber auch übersättigten und zuweilen zynisch-dümmlichen Filmen weltweit die Herzen der Cinephilen eroberte. "Cold Fish", geboren aus der krankhaften Idee, Menschen so lange erniedrigen zu müssen, bis diese einmal über sich selbst hinauszuwachsen imstande sind ("Life is pain."… so, so), ist psychologisch hanebüchener Mumpitz im üblichem Provokationsgestus, hinter dessen vordergründiger Kunstbeflissenheit sich einzig Stumpfsinn und Idiotie verschanzt haben. Die allein auf perverse menschliche Konflikte ausgerichtete Geschichte und ihre entsprechend spastische Inszenierung sind nichts außer widerwärtig und argumentieren stets über obszöne Gewalttätigkeiten, die in keinem Verhältnis zu einem erkennbaren, annähernd geistvollen Konzept oder Interesse an irgendeiner Form von Menschlichkeit stehen. Eine filmische Abart für Minder- bemittelte, 150 Minuten Gleichgültigkeit. Dieser Sono kann mich mal kreuzweise.


5%

August 22, 2011

Zuletzt gesehen: CASSANDRAS WARNUNG

Aus der Reihe: "Polizeiruf 110". Wahnwitziges, im Prinzip kaum zu begreifendes und sonntägliche Fernsehkrimiformate im Abendprogramm komplett auf den Kopf stellendes Gemenge aus Pulp-Thriller, Krimi-Irrsinn und allerreinstem Sleaze, angereichert mit Giallo-Echos aus abstrusen Plotschrauben, begnadeten Reißzooms und unmittelbarem Schmuddel. Das stilsichere Einkürzen ganzer Handlungsabschnitte bei gleichzeitigem Ausschwenken in komplett irritierende Subinhalte – vor dem Hintergrund "wichtiger" vernuschelter Plotdetails und wiederum genüsslich ausgebreiteter Nonsensdialoge von seltener Schärfe – projiziert nicht weniger als ein aufregendes erzählästhetisches TV-Experiment purer filmischer Energie, inklusive eines fantastischen Soundtracks. Ein wunderschönes Stück Genreerschließung, eine Sternstunde des Fernsehens. Dominik Graf ist dann wohl doch ganz eindeutig The Man.


90%

August 07, 2011

Kino: THE SMURFS

La la la-la la la, sing a happy song – so beginnt er, der Schlumpfwahnsinn. Die blauen Pilzhüttenbewohner des Belgiers Pierre Culliford alias Peyo haben sich in Comics, Liedgesängen und der amerikanischen Zeichentrickserie durch die ganze Welt geschlumpft. Über 50 Jahre begeisterten die Schtroumpfs, so sie eigentlich heißen, Groß und Klein – und wohl ein jeder hielt sie schon in Form winziger Hartgummifiguren in der Hand.

Hierzulande gelang es nicht zuletzt Vader Abraham und seiner irritierend erfolgreichen Hitsingle ("Sagt mal, von wo kommt ihr denn her? – Aus Schlumpfhausen, bitte sehr!"), die kleinen Mützenträger im kollektiven Bewusstsein zu verankern, dicht gefolgt von nicht minder kuriosen Techno-Liedchen. Nach diversen Lizenzschwierigkeiten und Startverschiebungen wollen die Schlümpfe jetzt in einer Mischung aus CGI- und Realfilm die Leinwand erobern – als Familienkomödie, klar.

Da Comickreaturen im Kino nicht selten aus ihrem phantastischen Kontext gerissen und in unsere Welt gebracht, zumindest aber mit menschlichen Sidekicks kombiniert werden müssen (siehe "TMNT" oder "Garfield") spielt der neue Schlümpfe-Film nicht im heimeligen Pilzdorf, sondern kurioserweise in New York. Dorthin verschlägt es Papa Schlumpf und Co., als sie auf der Flucht vor dem hinterlistigen Hexenmeister Gargamel (Hank Azaria) und dessen Kater Azrael durch ein magisches Portal gelangen.

Die unschön computeranimierten Däumlinge purzeln direkt in den Central Park, und ihr Widersacher ist ihnen natürlich geradewegs auf der Spur. Schlumpf sei Dank finden die blauen Quälgeister Schutz bei einem Werbefachmann (HIMYM-Star Neil Patrick Harris, nun also einer der ganz wenigen offen schwulen Schauspieler, die im Kino noch als heterosexuell durchgehen dürfen) und seiner schwangeren Verlobten, die ihnen bei der Reise zurück ins Verwunschene Land behilflich sein wollen.

Das bereits mit dieser aufs Simpelste herunter gebrochenen Prämisse stark überforderte Drehbuch lässt fortan keine Gelegenheit aus, den vermeintlichen Kulturcrash mit zotigen Schwachsinnswitzen und aalglattem Windelweichhumor anzureichern. Da knallt dann irgendein Schlumpf gegen den anderen, weil ihm die Mütze zu tief ins Gesicht hängt, oder rammt (der nur noch halbböse) Gargamel einen fahrenden Bus. Diese Anhäufung langbärtigster Bananenschalengags muss 100 Minuten Schlumpf-Spaß decken, und die Kinnings, die sollen’s lieben.

Die Kinoversion der "Schlümpfe" ist leider eine ziemliche Zumutung, was angesichts ihres Potenzials und der zumindest noch leicht niedlichen Trailer im Vorfeld doch ein wenig überrascht. Dass man die winzigen Racker derart leb- und lieblos zu einem keimfreien Kleinkinderabenteuer adaptieren, ihnen jeden Charme und jede (versteckte) Derbheit rauben würde, war so nun wahrlich nicht absehbar und dürfte zumindest die Fans (sofern es hiernach überhaupt noch welche geben sollte) enttäuschen.

Von einer einzigen gewitzten Anspielung zu Beginn des Films abgesehen, bei der Gargamel schnippisch auf die unterrepräsentierten weiblichen Schlümpfe hinweist, ist das alles nur ein ätzend harmloser, einschläfernder Nonsens. Von A bis Z formelhaft abgewickeltes Family-Entertainment, frei von jedweder Ambition und einfallslos heruntergespult vom "Scooby Doo"-Regisseur und Auftragsfilmer Raja Gosnell, der sich ein ums andere Mal als Spezialist für konsequente Franchise-Verwurstung und müde Späße erweist.

Das alles ist schon erst recht gar nicht damit zu entschuldigen, dass "Die Schlümpfe" ja für Kinder gedacht sei. Diese nämlich werden so penetrant mit US-familienfilmtypischen Ansprachen, allerschlimmstem Versöhnungskitsch und moralinsauren Belehrungen übergossen, dass man jüngere Zuschauer sogar eher noch vor dem verlogenen Friede-Freude-Eierkuchen-Unfug schützen sollte. Da der Film die Verblödungsgrenze weit unten ansetzt, muss man ihn schlussendlich sogar als bevormundend missverstehen – und das kann ja nun garantiert nicht im Interesse der kleinen sein.

Über so viel Ärgernis möchte man dann schon gar nicht mehr fragen, warum der Film den Handlungsort des Comics bzw. der Trickserie in den Big Apple verlegt, um damit das ja eigentlich so reizvolle Prinzip einer geschlossenen Schlumpfgesellschaft hinter sich zu lassen. Aber womöglich geben sowohl der unverhältnismäßige Einsatz schrecklich doofer Popsongs, als auch ein Übermaß an Product Placement darauf eine ziemlich klare Antwort: Hauptsache Ausverkauf.


20% - erschienen bei: gamona

August 03, 2011

Zuletzt gesehen: FILME IM JULI 2011


L’Uccello dalle piume di cristallo

[The Bird with the Crystal Plumage]

(I/D 1970, Dario Argento) (7/10)

Il Gatto a nove code [Cat o' Nine Tails]
(I/D/F 1971, Dario Argento) (7/10)

4 mosche di velluto grigio [Four Flies on Grey Velvet]
(I 1971, Dario Argento) (4/10)

Le Cinque giornate [The Five Days of Milan]
(I 1973, Dario Argento) (5/10)

Profondo Rosso [Deep Red]
(I 1975, Dario Argento) (9/10)

Suspiria
(I/D 1977, Dario Argento) (8/10)

Inferno
(I 1980, Dario Argento) (5/10)

Tenebre
(I 1982, Dario Argento) (6/10)

Phenomena
(I 1985, Dario Argento) (6/10)

Opera [Terror at the Opera]
(I 1987, Dario Argento) (9/10)

The Black Cat (Two Evil Eyes)
(I/USA 1990, Dario Argento) (6/10)

Trauma
(USA/I 1993, Dario Argento) (4/10)

La Sindrome di Stendhal [The Stendhal Syndrome]
(I 1996, Dario Argento) (8/10)

Il Fantasma dell'opera [The Phantom of the Opera]
(I 1998, Dario Argento) (7/10)

Giallo
(I/USA 2009, Dario Argento) (2/10)

Dario Argento: An Eye for Horror
(GB 2000, Leon Ferguson) (6/10)

LOL (Laughing Out Loud) ®
(F 2008, Lisa Azuelos) (5/10)

Daan gyun naam yu [Don't Go Breaking My Heart]
(HK 2001, Johnnie To & Wai Ka-Fai) (5/10)

Joshû 701-gô: Sasori [Female Prisoner #701: Scorpion]
(J 1972, Shun'ya Itô) (6/10)

Harry Potter and the Deathly Hallows: Part 2
(GB/USA 2011, David Yates) (4/10)

Lisa e il diavolo [Lisa and the Devil]
(I/E/D 1972, Mario Bava) (3/10)

Les Amours imaginaires [Heartbeats]
(CDN 2010, Xavier Dolan) (3/10)

Und wenn sie nicht gestorben sind... Die Kinder von Golzow - Das Ende der unendlichen Geschichte
(D 2006, Barbara & Winfried Junge) (8/10)

The Smurfs
(USA/B 2011, Raja Gosnell) (2/10)

August 01, 2011

Zuletzt gesehen: 4 MOSCHE DI VELLUTO GRIGIO [Four Flies on Grey Velvet]

Enttäuschender Abschluss einer losen Trilogie, in der jeweils ein Titel gebendes Tier zur Auflösung der Handlung beiträgt. Stärker noch als in "Bird with the Crystal Plumage" und "The cat o' nine tails" betont Dario Argento in seinem dritten Spielfilm die kriminalistischen Aspekte der Geschichte, wodurch sich "Four Flies on Grey Velvet" deutlich in Richtung eines Whodunits und damit gewöhnlichen Thrillers bewegt. Der Großteil des Films wird von einem zähen und vorhersehbaren Plot bestimmt, dem sich nicht nur die visuellen Einfälle fügen müssen, sondern der auch noch mit ungebührlicher Komik angereichert ist (Bud Spencers Auftritte noch nicht einmal mitgezählt). Weder scheint Argento hier seiner ästhetischen Kraft zu vertrauen, noch gönnt er es dem Film, sich treiben zu lassen. Bestenfalls vereinzelt lässt das kontrollierte Abarbeiten eines sowieso hanebüchenen Drehbuchs Momente sanfter Poesie zu, ehe auch ein erschreckend verlabertes Finale den schalen Gesamteindruck nachdrücklich bestätigt. Einzig Ennio Morricones melo- dramatische Musikansätze und ein halbes Dutzend reizvoller Regieeinfälle retten die vier Fliegen vor der eigentlich verdienten Klatsche.


40%