Januar 06, 2009

Zuletzt gesehen: BLACK NARCISSUS

Man will gar nicht glauben, dass "Black Narcissus" bereits 1947 produziert wurde. Andererseits ließe sich so einfach auch gar kein zeitlicher Bezug ausmachen: Das Gefühl für Orientierungslosigkeit ist Michael Powells und Emeric Pressburgers Film in beinahe jeder Einstellung eingeschrieben – und die Verortung wird noch zusätzlich mittels extremer Stilisierung erschwert: So ist der Film nahezu komplett in den Pinewood-Studios gedreht, verwirrt und begeistert jedoch ununterbrochen mit spektakulären Außenaufnahmen Indiens, die keine sind. Jack Cardiffs Kameraarbeit ist schlicht sensationell, atemberaubend und übermächtig, die Matte Paintings und Farbgestaltung bis heute unübertroffen (und der ungeheure Einfluss auf Regisseure wie Dario Argento nicht zu übersehen). Ein Technicolor-Rausch von einem Film, wahrlich. Powell und Pressburger erweisen sich im Umgang mit ästhetischen Prinzipien dabei überraschend verspielt, sie nutzen changierende Farb- und Lichtsetzung mal zugunsten einer fiebrigen Atmosphäre, die die an und für sich konfuse Handlung begleitet, dann wieder für melodramatische Effekte oder Orientmärchen-Pomp. Dass "Black Narcissus" dabei als sorgfältiges, filmisch interpretiertes Stimmungsbild ebenso wie als Film über Wahnsinn und Hysterie erscheint, liegt nicht zuletzt am enervierenden Spiel insbesondere Deborah Kerrs, deren Rolle zu einem Karriere-Archetypen werden sollte – eine Variation der ‚repressiven Nonne’ gab sie später noch einmal meisterhaft in Jack Claytons "The Innocents".


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