Januar 05, 2009

Retro: BAD BOY BUBBY (1993)

Mit Begeisterung wurde "Bad Boy Bubby" bei den Filmfest- spielen von Venedig 1993 aufgenommen und mit dem Spezialpreis der Jury ausgezeichnet. Der große Erfolg blieb im Anschluss zwar trotz überragender Kritiken aus, dennoch scheint sich Rolf de Heers Kaspar-Hauser-Variation als Kultfilm bewährt zu haben. Dementsprechend wurde eine ange- messene Veröffentlichung auf DVD nicht nur hierzulande lang erwartet. Das Nachwuchs-Label Bildstörung hat, nach eigenen Angaben in enger Zusammenarbeit mit dem Regisseur, der Wartezeit nun ein Ende bereitet. Der gute Ruf des Films, in dem der 35 Jahre lang in einer dreckigen kleinen Wohnung eingesperrte Bubby erstmals ans Tageslicht gerät, gibt hingegen Rätsel auf: Hinter ihrer aufgesetzt bescheidenen Indie-Fassade ist die australische Produktion schlimmster Mainstream-Sozialkitsch.

Der erste Akt schildert in 30 eindringlichen Minuten noch das Martyrium des Titelhelden, dem Opfer einer Lebenslüge der Mutter. Ständige Schikanierungen und inzestuöser Missbrauch bilden den Alltag des zurückgebliebenen Mannes, bis er seine Eltern schließlich einfach tötet und sein Wohnloch verlässt. Hier vollzieht sich dann auch der radikalste Wechsel des Inszenierungsstils, als Bubby die Welt außerhalb zu erforschen beginnt. In der ursprünglichen Originalfassung ändert sich das im Widescreen zusätzlich eingepferchte Vollbild-Format des ersten Drittels, das am ehesten einem Guckkasten gleicht, in schönstes Cinemascope – bereits das ist ein Ausdruck der einfallslosen, plakativen Strategie des Films, adäquate Bilder für die absurde Geschichte zu finden. Was daran jedoch einzig fasziniert ist der ungebrochene Einfluss, den der "Wizard of Oz" offenbar noch heute zu haben scheint, nicht die ausgestellte Indifferenz der Photographie.

Auf seiner Selbsterkundungsreise erlebt Bubby dann natürlich einige verrückte Dinge: Er wird verprügelt und in den Arsch gefickt, landet im Knast und danach gar als Pfleger im Behindertenheim, ehe er letztlich zum Rockstar aufsteigt. Im Prinzip nimmt der Film auf einem provinziellen Niveau die dümmlich-naive Gutmenschenmoral eines "Forrest Gump" vorweg, alles ist dabei mit klebriger Melancholie und prätentiösem Kunstwillen samt Pseudo-Theodizee in Szene gesetzt. Ein schrecklich schwachsinniger Film mit einem bedauernswerten Mangel an Aufrichtigkeit. Und schlimmer noch: Wenn Bubbys Leidensweg schließlich durch Frau, Kind und Reihenhaus ein Ende findet, möchte man nur noch Kotzen.


30% - (als DVD-Review) erschienen bei: DAS MANIFEST