Dezember 04, 2008

Kino: VICKY CRISTINA BARCELONA

Schon kurz nach der Ankunft im sonnigen Barcelona treffen die beiden Freundinnen Vicky (Rebecca Hall) und Cristina (Scarlett Johansson) auf den verführerischen Spanier Juan Antonio (Javier Bardem), der die hübschen Damen zu einem erotischen Wochenendausflug einlädt. Vicky, die kurz vor der Hochzeit steht, lässt sich von Cristina schließlich überreden, dem attraktiven Künstler zu folgen. Beide verfallen dann auch sofort dem Charme Juan Antonios: Cristina beginnt eine Beziehung mit ihm, Vicky stürzt kurz vor ihrer Hochzeit in ein Gefühlschaos. Doch auch Maria Elena (Penélope Cruz), die temperamentvolle Ex-Frau des Casanovas, hat noch Interesse an Juan Antonio.

Woody Allen ist womöglich der beständigste und zuver- lässigste aller Autorenfilmer und Altmeister und Regie- legenden. Jedes Jahr ein neuer Film, jedes Jahr eine weitere lockere Geschichte, in der viel geredet, geliebt und gezankt wird. Damit versetzt er immer wieder aufs neue Publikum und Kritik in Entzücken, ist Ehrengast auf Festivals und Liebling aller Filmstudenten, und vermittelt in seinen Arbeiten doch nie den Eindruck, etwas beweisen zu müssen. Mehr noch, waren insbesondere die letzten Filme des Regisseurs unbeschwerte, leichte, locker-flockige Angelegenheiten – bei einem Œuvre ohnehin bemerkenswert vieler luftiger Filme. Und oft geht es darin um nichts außer zwischenmenschliche Albernheiten, Altherrenromantik und Populärweisheiten.

In den letzten Jahren hat Allen ja nun das alte Europa und damit viele schöne Postkartenmotive für sich entdeckt. Mit Umzug und Umorientierung verbunden ist demnach auch ein notgedrungener Perspektivwechsel: Nicht unbedingt auf Weitsicht eingestellt, sind Allens Neuentdeckungen in England und, wie nun hier, Spanien nichtsdestotrotz um einiges wohlfeiner. Die Abgestandenheit seiner sonstigen Filme scheint erst einmal beseitigt – oder zumindest kaschiert – und das neu gewonnene Urlaubsflair hat den altersmilden Regisseur offenbar sogar noch einmal richtig in Schwung gebracht. So ist "Vicky Cristina Barcelona" eine wirklich schöne, witzige, ja gar erotische Liebeskomödie, die all das Geplapper, Inhaltslose und Nichtssagende typischer Allen- Filme überhaupt nicht braucht.

Das dritte Mal in Folge ist auch Scarlett Johansson dabei. Und der Regisseur ist wohl richtig beflügelt von der blonden Schönheit, die nicht viel kann, aber bei Allen glücklicherweise auch nicht viel tun muss. Er setzt sie hübsch in Szene – und dann darf sie einfach drauf losmachen, die Scarlett. Das funktioniert gut. Und noch besser funktioniert das bei Penélope Cruz, die dank "Volver" nach einem Dutzend Hollywood-Flops wieder da angelangt ist, wo man sie am Liebsten sieht: Als leidenschaftliche Frau am Rande des Nervenzusammenbruchs. Ihre herrlich klischeeartige Figur macht mit all ihren Wutausbrüchen und Verzweiflungstaten große Freude. Cruz stiehlt allen die Show – das konnte man ja auch noch nicht allzu häufig von ihr behaupten.

"Vicky Cristina Barcelona" empfiehlt sich also als bester Sommerfilm, den man sich diesen Winter so anschauen kann. Und für die Möglichkeit, vor dem nasskalten Wetter in einen sonnig-schönen Film flüchten zu können, muss man dem Woody ja auch ein wenig dankbar sein.


60% - erschienen bei: den FÜNF FILMFREUNDEN