Juni 29, 2007

TV: Fernsehtipps 30.06. - 06.07.07

Samstag, 30.06.

11:30 Uhr – „Cry-Baby“ (RTL2)

John Waters’ wunderbare Abrechnung mit dem Mythos der juvenile delinquets. Näheres im Review auf der rechten Seite.

20:15 Uhr – „Sonnenallee“ (Pro7)

Ziemlich theatralische, aber heiter erzählte Komödie, die jedoch nicht wenige als bedenklich empfinden dürften.

20:15 Uhr – „Schatten der Wahrheit“ (VOX)

Grausiger Versuch, die Stilistiken des Meisters Hitchcock zu ehren, der allerdings derart plump und vorhersehbar geriet (wie sagte ein Kritiker so schön: „Wie doof kann man sein, die Hauptfigur Norman zu nennen und dann ernsthaft erwarten zu wollen, jemand wäre überrascht, dass dies der Mörder sei?!“), dass man darüber lieber den Mantel des Schweigens hüllen sollte.

Sonntag, 01.07.

22:40 Uhr – „Identität“ (Pro7)

Spannender, aber auch reichlich abstruser Horrorthriller, bei dem eigentlich nur die wunderbare Rebecca DeMornay in Erinnerung bleibt.

0:05 Uhr – „Nicht auflegen!“ (RTL)

Für Schumacher-Verhältnisse gar nicht mal so übler Thriller, der seine Limits recht clever ausnutzt.

0:25 Uhr – „Die Klapperschlange“ (K1)

Carpenters Höhenflug: Ein unnachahmlicher Meilenstein des Genres!

3:00 Uhr – „Im Todestal der Wölfe“ (Arte)

Zwiespältige Fortsetzung zu „The Hills Have Eyes“, die Craven heute bereut. Siehe auch Review.

Montag, 02.07.

23:00 Uhr – „Lolita“ (RBB)

Wie fast alle Kubrick-Filme von menschenverachtender Distanz geprägte Literaturverfilmung, die sich eitel über ihre Figuren erhebt.

Dienstag, 03.07.

20:15 Uhr – „Teaching Mrs. Tingle“ (K1)

Kevin Williamsons herrlich schräge Abrechnung mit den Schulnöten, wunderbar besetzt mit Helen Mirren und Katie Holmes. Und Marisa Coughlans „Exorcist“-Einlage auf dem Ehebett ist zum Brüllen.

22:15 Uhr – „Das Experiment“ (Pro7)

Lachhaftes, psychologisch hanebüchenes Pseudo-Drama aus deutschen Landen, das nur auf vordergründige Effekte aus und zudem grausam schlecht gespielt ist.

23:45 Uhr – „Fear and Loathing in Las Vegas“ (NDR)

Ging mir persönlich irre auf den Keks. Obwohl ich Gilliam toll finde.

Mittwoch, 04.07.

0:35 Uhr – „Das große Rennen von Belleville“ (ARD)

Donnerstag, 05.07.

22:25 Uhr – „Spurlos“ (VOX)

Jeff Bridges ist brillant, doch das Original dennoch ungleich fesselnder.

0:15 Uhr – „Chinese Box“ (ZDF)

Freitag, 06.07.

22:25 Uhr – „William Shakespeares Romeo und Julia“ (3SAT)

Phänomenale Neufassung des Stoffes; anders, frischer, besser.

23:30 Uhr – „Blood Diner“ (Tele5)

Amüsanter Fun-Splatter, durch und durch albern und billig, aber ein typisches Kind seiner Zeit. Dürfte vor allem um die vielen Naziwitze erleichtert laufen.

0:55 Uhr – „The Lost Boys“ (RTL2)

Moderne Peter Pan-Version mit herausragender Kameraarbeit und selbstironischen Popverweisen.

Juni 28, 2007

News: EASTERN PROMISES Trailer

Der Trailer zum neuen David Cronenberg-Film ist da! Das kann gar nicht schiefgehen.

Juni 27, 2007

Kino: NEXT

Gemessen an der nahezu dreisten Unverfrorenheit, die hanebüchene Geschichte dieses Films auch für nur eine Minute ernst meinen zu wollen, ist die Zauselfrisur von Nicolas Cage ja eigentlich noch das kleinere Übel. Und das, obwohl der dezent übermütige Produzent und Hauptdarsteller für "Next" mindestens den schlechtesten Frisör seit "Con Air" verpflichtet hat – neben dem sich wie üblich überaus zurückgeblieben in Szene setzenden Hollywoodstar schaut hier nämlich sogar die sonst so stilvolle Juliane Moore mit unvorteilhaft gefärbter Mähne aus wie die böse Hexe von nebenan. Unvorteilhaft ist auch gleich das Stichwort, die Kamera scheint keine Gelegenheit auslassen zu wollen, Moores Falten auf den Leib zu rücken. Natürlich schüttelt sich die gute Blockbuster-Rollen wie diese aus dem Ärmel und spielt dennoch jeden um sich herum an die Wand, doch so ein wenig Mitleid bekommt man da als Zuschauer dann schon – was hat die hier auch eigentlich zu suchen, in einem Nic Cage-Film?

Aber zurück zum Wesentlichen. Cage mimt in "Next" den Magier Cris Johnson, der begeisterungsfähigen Las Vegas-Besuchern in einer kleinen Show u.a. vorgaukelt, in die Zukunft sehen zu können. Der Clou bei der Sache – tatsächlich ist es ihm vergönnt, die Dinge schon zwei Minuten im Voraus sehen zu können. Da ihm dieser Segen auch schnell zum Fluch werden kann, behält Johnson seine Gabe allerdings für sich. Bis Thomas Kretschmann als – natürlich! – deutscher Terrorist des Weges kommt und irgendwo irgendeine Bombe zu legen gedenkt. Was es mit ihm und seiner Schar genau auf sich hat, erfährt man indes allerdings nicht, logischerweise heften sich die zahlreichen FBI-Ermittler auch nicht an die Fersen der vermutlichen Täter, sondern versuchen viel mehr Johnson aufzuspüren. Durch einen kleinen Zwischenfall nämlich meint Chefermittlerin Callie Ferris (Moore) hinter dessen Treiben gekommen zu sein und erhofft sich selbstredend Hilfe vom Mann, der die Zukunft sehen kann.

Ob und inwiefern das angesichts der Terrorbedrohung bei einer zweiminütigen Halbwertszeit nun so praktisch ist, verrät der Film nicht. Wie genau Johnson den Ermittlern schließlich aber doch noch wird helfen können, soll nicht schon aufgedeckt werden, um die mitunter grotesk peinlichen Highlights des rasch eintretenden Finalszenarios dieses – immerhin – recht kurzweiligen Films zu wahren. Verraten werden aber darf, dass natürlich eine Frau den guten Cage dazu bewegt, seine Gabe guten Taten zu leihen – und das ist nicht Moore, sondern Jessica Biel, die man nur zu gern noch als vollbusiges, im nassen Topteil durch den Schlamm watendes Finalgirl aus dem lahmen "Texas Chainsaw Massacre"-Remake in Erinnerung hat. Deren Rolle birgt in "Next" gar noch mehr unfreiwillig komisches Potential, als es ihrem sonst für die Lacher aus dem Fremdschämsektor abonnierten Filmliebhaber Cage vergönnt ist. Ihre messiasähnliche Figur nämlich ist die große Liebe des Magiers auf der Flucht, obwohl sich deren Wege gerade erst kreuzten, und wird demnach schnell zum Spielball der bösen Terroristen, die neben Deutsch auch allerlei Kauderwelsch auf Französisch zum Besten geben.

Abgesehen davon, dass es selbst dem als alten Greis im Geschehen mitmischenden Peter Falk nicht gelingt, gegen den langen, langen Bart der Geschichte anzuspielen, entbehrt der irgendwo zwischen "Dead Zone" und seiner trivialen Möchtegernernsthaftigkeit wegen auch "Deja Vu" ange- siedelte Quark jeglicher innerer Logik. Was genau sieht oder durchlebt Johnson denn eigentlich in jenem Moment der Gegenwart, in dem er fähig ist, die folgenden zwei Minuten wahrzunehmen? Wie kann es sein, dass die FBI-Ermittler jegliche berufsbedingt nüchterne Rationalität aufgeben und dessen übersinnliche Fähigkeit nicht einmal kurzzeitig in Frage stellen? Viel wichtiger jedoch: Wenn Johnson Ereignisse kurz vor ihrem Eintritt voraussieht, wie z.B. in einer Szene, bei der er sich an einem Abhang vor einem herunterrasenden Jeep millimetergenau in Deckung begibt, befähigt ihn das dann gleich zu unmenschlicher Präzision?

Dass sich die Macher aufgrund der natürlich recht undefinierten Darstellung selbiger Zukunftsvisionen auch alle Freiheiten nehmen, anstatt sie visuell reizvoll zu einer Konstante festzulegen, verleiht dem Film besonders in seinen lauen Effekten eine Beliebigkeit, die jeglichen B-Movie-Appeal geradezu forciert. Und was man aus der albernen Grundidee eigentlich dennoch alles so hätte machen können, reißt "Next" nicht einmal an. Stattdessen setzt er auf himmelschreiend grausigen Kitsch (Biel als Mutter Theresa, die armen Kindern hilft; Cage als fürsorglicher Wald- hüttenromantiker), lausige Figuren (Was bedeutet eine derartige Gabe für das eigene Leben? Wer sind die Terroristen, was haben sie vor?) und einen selten doofen Schlusstwist. Das ganze ist also mittelschwerer Trash, der manchen womöglich genau deshalb schon wieder zu gefallen droht. Next, please.

20%

Retro: REBEL WITHOUT A CAUSE (1955)

In der überschaubaren Reihe früher Rebellenfilme, die sich noch bevor Hollywood das Thema in den 60er-Jahren endgültig für sich entdeckte mit der Entstehung und Ausbreitung einer neuen Jugendkultur in den 50ern beschäftigen, ist Nicholas Rays "Rebel Without A Cause" (…denn sie wissen nicht, was sie tun) nicht nur der populärste, sondern sicherlich auch der beste Beitrag eines großen Studios. Ausgehend vom Phänomen bzw. dem vielmals für bürgerliche und elterliche Propaganda missbrauchten juvenile delinquency-Begriff (Jugendkriminalität), mit dem auf die vermeintliche Verrohung einer ganzen Generation verwiesen und gleichzeitig zur Wiederherstellung hierar- chischer Ordnungen aufgerufen wurde, tatstet sich Ray eher vorsichtig und augenscheinlich wertfrei an die Mentalität einer sich unverstanden fühlenden, verlorenen Jugend.

Der Film arbeitet anders als z.B. Richard Brooks’ "The Blackboard Jungle" mit dem erstaunlichen und keinesfalls selbstverständlichen Kunstgriff, seine Geschichte ausschließ- lich aus Sicht der jugendlichen Figuren zu erzählen. Im Mittelpunkt steht Jim Stark, der von James Dean fast schon ikonisch und mit großer Geste dargestellt wird. Stark ist als neu zugezogener Bewohner einer Kleinstadt der Prototyp des rebellischen Loners, der sich weder seiner bemüht bürgerlichen Familie, noch dem verbreiteten Bild vom gehörigen und jegliche gesellschaftliche Ordnung duldenden Jugendlichen zugehörig fühlt. Anschluss findet der wilde Stark trotz Diskrepanzen ausschließlich bei einer Gruppe abtrünniger Teenager, die ihrem Bruch mit Konventionen durch schnelle Autos, lautem Rock’n’roll und ungeziemter Kleidung (blaue Jeans, weiße Shirts, rote Jacken) Ausdruck verleihen. Obwohl er schnell auf der Abschussliste der Teenager steht und sich erst in einer Prüfung als ihrer würdig beweisen muss, scheint Stark bei deren Anführer bereits Eindruck erweckt zu haben – trotz ihrer Unterschiede verbindet beide die Abscheu gegenüber allem Herkömmlichen der Gesellschaft, die sie für sich genommen schon als große Lüge empfinden.

"Rebel Without A Cause" beschäftigt sich mit einer Bewegung, noch während diese sich ausbildet. Wie kaum ein anderer Film seiner Zeit ist er dadurch so sehr im eigenen Kontext verhaftet: Weil die Bedeutung, geschweige denn die Auswirkung des dargestellten Aufbruchs noch gar nicht abzusehen bzw. einer Beurteilung fähig schien, wirkt Rays Versuch trotz seiner enormen Authentizität altmodisch und mitunter auch überholt, weil die Darstellung der Jugendlichen in ihrer Motivation und besonders ihren Zielen als Politikum noch gar nicht begriffen werden konnte – sofern man die Wertmaßstäbe der Gegenwart ansetzte. Dass die jugendlichen Helden des Films – Stark, seine neu gewonnene Freundin Judy und der kindliche Außenseiter Plato – in ihrer eigenen Struktur zum Ende hin letztlich ebenfalls innerbürgerliche Formen annehmen und somit jenen Werten erliegen, gegen die sie eigentlich rebellieren, ist weniger ein Widerspruch als die schlichte Erkenntnis, das ein über derartige Modelle hinausgehender Blick zur Entstehungszeit 1955 noch gar nicht möglich sein konnte. Innerhalb seiner zeitlichen Beschränkung ist "Rebel Without A Cause" nämlich geradezu subversiv in der Art, wie er sich sensibel seinen jugendlichen Figuren und deren Beweggründen verschreibt.

Dass den Erwachsenen bei Ray keinerlei Plattform und Blickwinkel zukommt, obwohl der Film offenbar für ein breites Publikum entworfen wurde, ist erstaunlich. So porträtiert er zwar auch Räume, die durch patriarchalische und elterliche Dominanz gekennzeichnet sind (am eindrucksvollsten: der Esstisch daheim bei Judy), doch geschildert werden diese Episoden immer aus Sicht der Jugendlichen, die den Zuschauer – und auch dies ist bemerkenswert vor dem Hintergrund, dass Warner eigentlich nicht im Sinn gehabt haben kann, ein weitestgehend konservatives erwachsenes Publikum zu verprellen – unweigerlich zur Identifikation einladen. Die Leistungen der jungen Schauspieler sind auch deshalb so glaubwürdig, da Ray sie ungewöhnlich viel improvisieren ließ. Abgesehen von Natalie Wood, die starr und ausdruckslos wie üblich agiert (und durch den Umstand, dass sie mit dem Regisseur eine Affäre hatte, sogar noch schlechter als sonst erscheint), lebt "Rebel Without A Cause" von seinen Schauspielern, denen die rebellische Pose auf der Stirn geschrieben steht.

Wenn sich das Abkapseln, das Rebellieren gegen bisherige Gefüge darin äußert, der elterlichen Vormachtstellung zu widersprechen und eine individuelle Artikulation zu entwickeln, dann schließt das ebenfalls mit ein, sein sexuelles Wesen zu entdecken und nicht hinter zugeknöpfter Keuschheit zu verbergen. Hier hält sich Ray zwar stark zurück und formuliert etwaige Thesen überaus uneindeutig, aber einer der maßgeblichen Gründe für die zersetzende Kraft des Films ist zweifellos dessen homoerotischer Unterton. Über weite Teile erzählt "Rebel Without A Cause" gar die Geschichte einer stillen Liebe zwischen Männern, die bei Stark freundschaftlicher, seinem Gefährten Plato jedoch sexueller Natur ist. Unabhängig davon, dass sowohl James Dean als auch sein Spielpartner Sal Mineo tatsächlich schwul waren, schwingt in jeder gemeinsamen Szene ein stilles Verlangen mit: Fortwährend blickt Plato seine geheime Liebe sehnsüchtig an, bis er ihm sogar eindeutige Avancen macht und ihn zu sich bittet, da er allein daheim sei. Obwohl nie bekannt wurde, dass Ray oder Autor Stewart Stern diesen Subtext intendiert hatten, so ist er nicht zu leugnen – Plato wird mit differenzierter Kleidung sowie unsicheren und femininen Bewegungen gezeichnet, ganz zu schweigen von seinem Alan Ladd-Photo im Schulspind.

Das sexuelle Bild des Films ist bei einer modernen Rezeption in diesem Zusammenhang allerdings auch nicht gänzlich unbedenklich. Dass vieles in "Rebel Without A Cause" des zeitlichen Kontexts wegen noch nicht bis zu Ende gedacht werden konnte, ist zwar eine Entschuldigung für die mitunter seltsamen Verhaltensweisen der Jugendlichen und sicher auch das versöhnliche Ende, legitimiert allerdings nur bis zu einem gewissen Punkt die Charakterisierung des Vaters von Jim Stark. Dieser läuft dem Rollenbild der 50er-Jahre zuwider, indem er sich nicht gegen seine Frau durchsetzen kann. Er hat sogar sprichwörtlich nicht ‚die Hosen im Haus’ an, wenn er eines Abends mit Schürze auf dem Boden kniet und putzt. Diese Wesenszüge sind allerdings dahingehend ausgelegt und inszeniert, als sie die Figur denunzieren: Durch den Umstand, dass Mr. Stark zu femininem, zumindest aber unmännlichem Verhalten tendiert, kann er seinem Sohn Jim nicht der Vater sein, den dieser benötigt, um sich nicht verloren zu fühlen. Es ist zwar richtig, dass der Film die Schuldfrage bei den elterlichen Instanzen sucht, nicht jedoch deren unkon- ventionelle Lebensverhältnisse anprangert. Dies ist einer der wesentlichen Widersprüche in "Rebel Without A Cause", der das Verhalten seiner Titel gebenden Helden eben nicht für grundlos erklärt.

Platos stilles Bekenntnis hingegen ist beispielhaft für die innere Zerrissenheit der Figuren, die mit unterschiedlichen Problemen zu kämpfen haben, dabei jedoch alle die Isolation vom Vormund, das Gefühl, allein und unverstanden zu sein, eint. Sinnbildlich für diesen Gefühlszustand steht Starks energischer Ausspruch "You’re tearing me apart! ". In einem Ruhemoment vor dem großen Finale finden sich Stark und Plato noch einmal im Planetarium ein: Sie fliehen ausgerechnet an jenen Ort, der ihnen auf ihrer Suche nach sich selbst demonstriert, dass sie nur ein kleines unbedeutendes Glied einer großen universalen Kette sind. Aber vielleicht ist genau dies der Ansatz für wahre Rebellion: Wenn sich der introvertierte Plato die rote Jacke seines Freundes überstreift, finden zumindest kurzzeitig zwei selbst bestimmte Menschen zusammen – in einer Gesellschaft, die Jugendlichen jegliche Souveränität aberkennen möchte.

80%

Juni 26, 2007

Retro: PRIDE & PREJUDICE (2005)

Auch wenn Jane Austen zumindest im Dialog um Verfilmungen ihres literarischen Schaffens gern als spätromantische Ausgabe oder gar Vorläuferin trivialer Gesellschaftskunde, wie man sie heutzutage – hierzulande – besonders von Rosamunde Pilcher kennt, unterschätzt wird, so geht dies insbesondere einher mit dem Umstand, dass ihre vordergründig (vermeintlich) kitschig gefärbten und leichten Stoffe vor allem herausragende, genaue Studien sozialer und gesellschaftlicher Schichten bilden. Die meist glücklichen Abschlüsse unglücklicher Ereignisse sind dabei eher als künstlerische Freiheit im Sinne dezent verklärender Konventionalisierung zu verstehen, täuschen aber keinesfalls darüber hinweg, wie scharfsinnig und zurückhaltend Austen die (nicht selten obskuren) Eigenheiten der englischen Stände porträtiert.

In Bezug auf die filmische Adaption dieses Werkes war es ein Glücksfall, dass sich 1995 der taiwanesische Regisseur Ang Lee ihrer annahm. "Sense and Sensibility" war die lebendige, meisterliche Entsprechung der Austenschen Ironie in Bildern; mit wunderbarer Sentimentalität und einer inszenatorischen Genauigkeit, die die ohnehin exakten Beschreibungen der Vorlage unterfüttert und gar noch übertrifft, sollte es die beste Verfilmung eines Austen-Romans werden. Daran kann auch Joe Wright nichts rütteln, wenngleich "Pride and Prejudice" ein unerwartet toller Film geworden ist. Und mit Mut zur künstlerischen Eigenständigkeit nach einer Reihe vieler mehr oder weniger gelungener Adaptionen Ende der 90er sogar die interessanteste.

Die Frische, mit der Wright einen der populärsten und beliebtesten Austen-Stoffe umsetzt, überrascht und entzückt zugleich: Spielerisch und überaus ausgelassen umkreist die Kamera ihre adrett gekleideten Figuren, durchfährt sie minutenlang ohne Schnitte opulente Räume und scheint sich an den bezaubernden Gesichtern von Keira Knightley oder Rosamund Pike gar nicht satt sehen zu können. In vielen Momenten, darunter einer Schaukelszene, bei der die Photographie rasanten 360°-Drehungen folgt, um den verwirrten Gefühlszustand seiner verzweifelten Figur zu bebildern, manifestieren sich hübsche visuelle Ideen, die dem Film einen modernen Anstrich geben, der sich angenehm vom klassischen Stil anderer Verfilmungen abhebt.

Die größte Überraschung von "Pride and Prejudice" aber heißt Keira Knightley. Hier regelrecht offenbart sich, wie unterfordert die junge Schauspielerin durch Kostümepen stolpern musste, um in die Rolle der klassischen Austen-Heldin schlüpfen zu dürfen. Ihr allein gehört dieser Film, und als Zuschauer kann man gar nicht genug bekommen von Knightleys traumhafter Präsenz, ihren geheimnisvollen Augen und ihrer selbst beherrschten Darstellung der törichten, aber unglücklichen Lizzie. Erst recht wenn sich die schnippischen Dialoge mit dem sprachlich so feinen englischen Mundwerk entfalten, reift Wrights Film zu einem lichten Moment des von seinem Ensemble getragenen Schauspielerkinos – nicht nur die hinreißende Brenda Blethyn oder der charmante Matthew MacFadyen begeistern, auch Donald Sutherland war schon lange Zeit nicht mehr so brillant wie als gutherziger, besorgter Vater Bennet.

"Pride and Prejudice" also ist eine verträumte, aber ebenso aufmerksam erzählte Reise ins 19. Jahrhundert, wo Titel alles und Individualität nichts bedeuten. Darin ist Knightley als selbstbewusstes Mädchen, das mit eigenem Willen zeittypischen Rollenmustern zuwiderläuft, eine wahre Entdeckung. Möge man ihr die weitere Entwicklung hin zu komplexen Rollen wünschen – und dem Film bzw. der Vorlage die Tatsache, dass jegliche Rebellion letztlich doch nur in der Fügung vorherrschender Systeme mündet, verzeihen. Manchmal, da kann das Schmachten dann eben doch so schön sein.

75%

Juni 25, 2007

News: Upcoming Reviews


Demnächst Filmbesprechungen zu: "Next" (Lee Tamahori), "28 Weeks Later" (Juan Carlos Fresnadillo) und "2:37" (Murali K. Thalluri).

Back on Track...

...und hoffentlich bleibt das auch so. Nach fast einem Monat Abstinenz bin ich nun endlich wieder verdrahtet und darf Euch mit Reviews, ausgewählten News und TV-Tipps mehr denn je nerven.

Juni 24, 2007

Kino: DIE HARD 4.0

Länger gab es nichts zu hören vom muffigen Cop McClane, der sich als Filmheld und künftiger Stereotyp des modernen Actionkinos in "Die Hard" gegen eine Bande deutscher Terroristen behaupten musste – im Alleingang, barfuss und immer mit einem markigen One-Liner auf den Lippen. Unzählige Plagiate und eine offizielle Fortsetzung später schlüpfte Bruce Willis 1995 noch einmal in jene Rolle, die ihm sieben Jahre zuvor zu internationalem Ruhm verhalf. Trotzdem ihm dabei der Regisseur des Originals, John McTiernan, beistand, krankte "Die Hard with a Vengeance" am Umstand, die eigentlichen Qualitäten der Serie fast gänzlich zu ignorieren und stattdessen auf herkömmliche Buddyfilm-Muster zu setzen (bezeichnen- derweise war das ursprünglich mit "Simon Says" betitelte Drehbuch für "Lethal Weapon 4" vorgesehen). Das lief einerseits dem Prinzip der beiden Vorgänger zuwider, in denen McClane als mürrischer und dennoch optimistisch Selbstgespräche führender Anti-Held Terroristen auf sich allein gestellt begegnete, und lenkte außerdem den Fokus zu stark auf die vielfältigen Handlungsorte denn seine eigentliche Hauptfigur.

Ganz ähnlich verhält es sich auch mit dieser nunmehr dritten und etwas unverhofft daherkommenden Fortsetzung, die in Anlehnung an ihren sich mit virtuellem Terrorismus auseinandersetzenden Inhalt originell mit "Die Hard 4.0" betitelt wurde. Zumindest ist Willis nicht der einzige, der am Retro-Hype einstiger Actionikonen mitwerkelt; Stallone und sein Alter Ego Rocky haben es vorgemacht, während auch Rambo und Indiana Jones schon auf ihren vierten Einsatz warten. Was aber nun die künstlerische Notwendigkeit eines weiteren McClane-Abenteuers legitimiert, bleibt ein wenig rätselhaft, denn so altmodisch und leider auch konventionell wie er daherkommt, drängt sich unweigerlich die Frage auf, warum man dafür jetzt 12 lange Jahre hat warten müssen. Oder anders: Wenn Rocky Balboa es sich noch einmal beweisen, abschließen und all dem ein Ende setzen wollte, welch grundsätzliche Intention veranlasst dann John McClane noch einmal dazu, sich mit ungezogenen Bubis herumschlagen zu müssen, die nun auch noch via Internet ihr Unwesen treiben – was dem eher ‚analogen’ Faustsprecher erst recht nicht in den Kram passt?

Ein wenig durchzieht dieser Gedanke den kompletten Film, der irgendwo da weitermacht, wo sein direkter Vorgänger aufgehört hat. Das schließt mit ein, dass auch Len Wiseman ("Underworld") bzw. die Autoren offenbar nicht mehr gänzlich auf die Zugkraft des (nicht abgehalfterten, aber eben doch etwas welkeren) Willis zu vertrauen scheinen und ihm – ähnlich wie im Falle Samuel L. Jackson – einen Partner zur Seite stellen. Das garantiert zwar peppige Dialoge, den (scheinbar) nötigen Humor und eine gewisse Eigendynamik und innere Spannung in eher auf die Handlung orientierten Szenen, doch insbesondere da es sich in diesem Fall um einen Teenager handelt und man mit dieser Entscheidung viel zu offensichtlich nach der jungen Zielgruppe schielt – etwas, das auf das großartige 1988-Original keineswegs zutraf –, stört der Verlust des gänzlich unsouveränen, unberechenbaren und allein agierenden McClanes ähnlich wie auch schon im dritten Film der Reihe doch erheblich. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass hier erstmals und mitunter störend auf jugendfreie Gewalt und saubere Sprache gesetzt wird.

Allein schon deshalb erreicht auch "Die Hard 4.0" wie bereits die anderen Sequels bei weitem nicht die Originalität, Gewagtheit und Konsequenz seines Originals. Und das obwohl oder gerade weil er mit einigen der spektakulärsten und phänomenal in Szene gesetzten (CGI-)Action- und Stuntsequenzen seit langem aufwarten kann. Denn einer der wesentlichen Gründe, warum "Die Hard" heute den Ruf eines Klassikers genießt oder zumindest zu einem Prototyp des Genres heranwuchs, war der Umgang mit Action. Da können im neuen Film noch so viele Autos in der Luft herumwirbeln oder gar Düsenjets gegen Trucks antreten – im Vergleich zum einst explodierenden Dachkomplex des Hochhauses im ersten Teil ist die Halbwertszeit dieser Szenen eher gering, einfach weil ihre dramaturgische Einbindung viel zu ungeschickt und sinnlos erscheint. Das ist zwar mittlerweile ein grundsätzliches Problem im Actionfilm (und Mitschuld daran trägt insbesondere Michael Bay), doch die Maßstäbe müssen diesbezüglich zumindest noch im Falle von "Die Hard" hoch angesetzt werden, immerhin hat McTiernan seinerzeit bewiesen, wie eine stringente, in sich logische Erzählebene mit spektakulärer Action kombiniert werden kann, ohne dem Selbstzweck zu verfallen.
Letztlich enttäuscht sogar das visuelle Konzept: Fühlte es sich bereits im Vorgänger ein wenig komisch an, die weihnachtlichen Schneesets gegen frühjährliche New York-Bilder eintauschen zu müssen, so gefällt der zwischen kühlen Blau- und abendsonnigen Gelb-Filtern wechselnde Look nur bedingt, kann streckenweise allerdings durch die spielerische und äußerst bewegliche Kameraarbeit wettgemacht werden. Dass Wiseman hier ohnehin keinen grundsätzlich schlechten Job macht, sollte klar gestellt werden. "Die Hard 4.0" ist an seiner Oberfläche spannend, straff inszeniert und auch recht launig, aber das reicht eben nicht aus. Wo McClane draufsteht, sollte auch McClane drin sein – andernfalls hätte man das ganze angesichts Willis’ eifriger Eigenvariationen in den Jahren zwischen und nach "Die Hard" auch gleich mit "Mercury Rising Part II" oder "Another Hostage" betiteln können.


50%

Juni 21, 2007

Kino: AZULOSCUROCASINEGRO

Wo eigentlich finden sich Gefängnisseinrichtungen, in denen die Inhaftierten in gesondert bebetteten Räumen Besuch fast ausschließlich des Sexes wegen empfangen dürfen, inkl. freundlicher Ausstattung, die das potentielle Vergnügen auch besonders unterstreicht? Die gibt es offenbar in Madrid, zumindest jedoch im Film "AzuloscuroCasinegro" – zu Deutsch: "DunkelblauFastschwarz" –, in dem eine junge Frau ein sexuelles Verhältnis mit ihrem Mithäftling beginnt. Dieser kann ihr jedoch nicht den Herzenswunsch eines Kindes erfüllen, und so muss der in Freiheit lebende Bruder die Sache übernehmen, ganz platonisch selbstredend. Der junge Jorge allerdings muss sich darüber hinaus mit weitaus schlimmeren Dingen als seinem zeugungsunfähigen Bruder herumschlagen: Da wäre der hilfsbedürftige demenzkranke Vater, die hübsche Nachbarin, mit der es in der Liebe nicht recht klappen will und natürlich auch noch die berufliche Zukunft, die hoffentlich mehr bereithalten wird, als es der derzeitige Hausmeisterjob verspricht.

Jorge ist der leading character in diesem skurrilen, mitunter liebenswerten Film des Spaniers Daniel Sánchez Arévalo ("La Culpa del alpinista"). Zu den Irrungen und Wirrungen der Hauptfiguren gesellen sich allerdings noch zahlreiche Subplots, die auf verschiedene Art alle mit dem überzeugend von Quim Gutiérrez gespielten Protagonisten in Verbindung stehen. Für den meisten Witz sorgt dabei zweifellos die Nebengeschichte um Jorges besten Freund Israel, der täglich von einem Dach aus ins Fenster eines Masseurs blickt, der seine männlichen Kunden nach getaner Arbeit abschließend gern auch mal oral befriedigt. Der Spaß hat allerdings ein vorläufiges Ende, als plötzlich sein Vater jenen Dienst wahrnimmt. Schließlich erpresst Israel ihn mit Photos der heimlichen Techtelmechtel – um sich mit dem Geld paradoxerweise selbst vom Masseur verwöhnen zu lassen. Wenn dann Vater und Sohn im Konflikt mit ihrer Homosexualität vor dem Hauseingang aufeinander treffen, ergibt sich das vielleicht amüsanteste Bild dieses Films.

"AzuloscuroCasinegro" ist bemerkenswert gespielt, die Frische der – zumindest hierzulande – noch weitestgehend unbekannten Schauspieler trägt viel zur unverbrauchten, leichten Stimmung des Films bei. Gerade weil Geschichten wie diese schnell zur Hysterie in Inszenierung und Schauspiel verleiten, erfreut der zurückhaltende Gestus, mit dem sich Arévalo präsentiert. Das liegt zu einem nicht unwesentlichen Teil auch daran, und hier offenbart sich eine der grundsätzlichen Schwächen, dass er sich zwar weniger stilistisch, aber zumindest inhaltlich vor allem beim Meister Pedro Almodóvar bedient. Dessen Kunst, mit leichtem Ton menschliche Abgründe zu offenbaren, wird nicht selten zu imitieren versucht, aber insbesondere hinsichtlich "Hable con ella" bleibt Arévalo weit hinter der Tiefe und Komplexität seines vermutlichen Vorbildes zurück.

Schade auch, dass der Film kein rechtes Ende finden will und sich mehr und mehr in unbefriedenden Auflösungen seiner zuvor so elegant geschürten Konflikte verzettelt. Wenig subtil wird gar das ohnehin schon offensichtliche Symbol des Titel gebenden dunkelblauen, fast schwarzen Anzuges im Schaufenster, durch das Jorge ob seiner ungewissen Zukunft tagtäglich blickt, entzaubert, in dem das Drehbuch seinen Figuren erklärungswütig Dialoge überstülpt, die sie schließlich ihr Inneres nach außen kehren lässt. Hier scheint Arévalo nicht auf das visuelle Erzählvermögen vertrauen zu wollen – sehr zum Bedauern eines ansonsten wunderbar poetischen Films, der als Flickenteppich illustrer Liebesspielarten und -typen, nicht aber als bewegende Tragikomödie über die spanische Unterschicht überzeugen kann.

55%

Juni 12, 2007

Kino: HOSTEL PART II

Das Gewese war seinerzeit groß in Toronto, als der begeisterte Jungspund Eli Roth auf dem Filmfestival seine unabhängig produzierte, stark an Sam Raimis ersten Horrorausflug "The Evil Dead" erinnernde Genrereflexion "Cabin Fever" präsentierte. Heute, fünf Jahre später, ist er jener Produktionsfirma Lions Gate, die ihm zu dieser Zeit Unterschlupf gewährte, noch immer treu – obwohl sich die Einspielergebnisse seines zweiten Films "Hostel" bereits in Blockbuster-Sphären bewegten und jeden Umzug in Major-Gefilde nur zu verständlich hätten erscheinen lassen.

Zu genau diesem hat Roth nun eine Fortsetzung inszeniert – zumindest diesbezüglich also beweist der Mann Geschäftssinn, sofern man hinter dessen Fanboy-Eloquenz ohnehin nicht grundsätzlich mehr exploitative Gier denn jenes Engagement vermuten möchte, das ihn mit seinem Lehrmeister und Produzenten Quentin Tarantino zu verbinden scheint. Der erste Ausflug in die feuchten Keller osteuropäischer Folterräumlichkeiten, wo gut situierte Männer dem Spaß an der Freude wegen bürgerlich-legere Etikette gegen Bohrer und Kreissäge eintauschten, war jedoch anders als Roth’ viel versprechendes, ironisch distanziertes Erstlingswerk nur eine überaus müde Reproduktion gängiger Genreklischees, die fast schon anmaßend bedient denn gehörig gebrochen wurden. "Hostel" ließ jegliche verspielte, unverbrauchte Frische aus "Cabin Fever" vermissen und erwies sich als übler Marketing-Gau, der nach lang geschürter (und gemeinsam mit Internetnervensäge Harry Knowles initiierter) Erwartungshaltung nicht als großspurig versprochenes Gorefest, sondern eher wie eine unoriginelle Teenhorrorversion von "Eurotrip" daherkam.


Das legten dem Film nicht wenige übereifrige Feuilletonisten als cleveres Kalkül aus und interpretierten die sadistischen Qualen pubertärer Ami-Backpacker mehr noch als ironische Antwort auf die Folterbilder gegenwärtiger US-Gefangenlager. Ehe ihm die Kritikerschar damit reihenweise auf den Leim ging, ließ sich Roth genüsslich als Erneuerer des intelligenten Genrekinos feiern, ohne dass sein (im Übrigen durchaus ernst gemeinter) Film auch nur annähernd etwaige Umdeutungen zuließe. Selbst wenn sich "Hostel" als amüsante Metapher verstünde, den US-politischen Größenwahn in Form sexgeiler Nerds mit den überspitzten Schrecken des Ostblocks zu konfrontieren, so hat es sein Regisseur versäumt, dies in eindeutige Blickwinkel zu fassen – die Sicht des Films entspricht und bestätigt letztlich all die Klischees und Vorurteile der vermeintlichen Helden.

So soll es das Sequel anders machen. Und Gesetz den Fortsetzungsregeln erscheint "Hostel Part II" erst einmal als 1:1-Remake seines Vorgängers. Den unanständigen Jungs weichen nun unanständige Mädels, die Folterkeller indes sind allerdings noch genauso blutverschmiert wie zuvor. Dorthin werden zwei zuckersüße Skihäschen und ein hässliches Entlein, das bedauerlicherweise von der stilvollen Heather Matarazzo verkörpert wird (Talentverschwendung!), verfrachtet, um sich unfreiwillig in die Obhut der eigenen – psychisch etwas verwirrten, aber wohlhabenden – Landsmänner zu begeben. Diese malträtieren so munter drauflos, dass alle Unkenrufe hungriger Gorehounds Gehör gefunden haben müssen: Zumindest in der ungekürzten Fassung (die die FSK jedoch nicht ungescholten passierte – hierzulande musste die Kinoversion einige Federn lassen) schlägt der Gewaltpegel mitunter so stark aus, dass sich das begierige Jungvolk zufrieden zeigen dürfte. Ohne Zweifel nämlich ist "Hostel Part II" der brutalste Vertreter in der langen Reihe gegenwärtiger Torture-Porns, wenn man beispielsweise der unangenehmsten On Screen-Kastrierung seit "Cannibal Ferox" beiwohnen darf.

Hier scheut der Film die Vorbilder keinesfalls. Nicht nur wegen der europäischen Schauplätze erinnert die Ästhetik des Films sowohl an die klassischen Italo-Splatter als auch eleganten Giallo-Vertreter, zumal Roth manch verwegener Genregröße, darunter Ruggero Deodato und Edwige Fenech, auch augenzwinkernde Leinwandauftritte gönnt. Das jedoch ist freilich nur nebensächlich, bedenkt man den nicht gerade unparadoxen Umstand, dass "Hostel Part II" nunmehr zweifellos als Komödie verstanden werden möchte und im krassen Gegensatz zum Vorgänger als solche auch bestens funktioniert. Roth inszeniert mit einer nahezu perfiden Freude Geschmacklosigkeiten am laufenden Band, die mindestens so unangemessen wie over-the-top sind und all jenen Kritikern die Schamesröte ins Gesicht treiben dürften, die ihren Verursacher einst noch als subversiven Denker postulierten. Und so widerlegt der Film schlussendlich gar noch seine sauber erarbeiteten Klischees in Dramaturgie und Figurenzeichnung, um sich ganz unerwartet und mit süffisanter Konsequenz anarchisch-exzessiven Splatter- eskapaden hinzugeben. Darüber lacht der Zuschauer dieses Mal nur zu gern mit Ihnen, Herr Roth!

70%

Juni 08, 2007

Kommt Zeit, kommt Rat...

...kommt neuer Internetanschluss. Da ich gerade umgezogen bin, sieht es auf diesem Blog momentan ziemlich nach Wüste aus. Das ist auch meinem unglaublich schnellen Provider zu verdanken, der den neuen Anschluss schon am 25.06. freischaltet. Demnach wird es vorerst nicht viel neues zu lesen geben, deshalb verweise ich bis dahin zum Lesevertreib auf meine Blogger-Kollegen und sage bis bald!